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Gernot Lehr, Anwalt in der Kanzlei Redeker, vertritt Bundespräsident Christian Wulff.
© dpa

Anwalt des Bundespräsidenten: "Wulff bezahlt, was alle bezahlen"

Gernot Lehr, Anwalt von Bundespräsident Christian Wulff, hat vor allem eine Aufgabe: Die Affäre bürokratisieren, damit sie bald allen zu langweilig wird.

Kaum hatte der Anwalt das Affären-Mandat von Christian Wulff übernommen, fragte man ihn, was das den Präsidenten denn koste. Das Übliche, sagte Gernot Lehr, Sonderkonditionen gebe es keine. Mehr sagte er nicht. Die Frage empörte ihn. Die Affäre dauert an, billig wird es nicht. Der Medienrechtler der Kanzlei Redeker und Sohn der ehemaligen Bundesministerin Ursula Lehr nimmt zwar wohl nicht die Sätze der Top-Wirtschaftsanwälte, doch mehr als 200 Euro pro Stunde dürften fällig werden, um den prominenten Kunden nicht erneut dem Verdacht auszusetzen, er erhalte eine Vorzugsbehandlung. Denn die kann es geben, wenn man mit einem Mandat reüssieren kann. Auch von Redeker ist das bekannt, Haus- und Hofkanzlei der deutschen Politik seit Bonner Zeiten.

Kurt Beck, Rita Süssmuth, Wolfgang Thierse, Guido Westerwelle, Ulla Schmidt und Johannes Rau hat Lehr neben anderen vertreten. Wulff ist ein Sonderfall; rein juristisch sei ihm ja nichts vorzuwerfen, findet er. Warum braucht man dann einen Anwalt? Weil man der Angelegenheit so einen objektiven Anstrich geben kann. Die Berufung auf das Recht, erkannte der Soziologe Niklas Luhmann, täuscht Sachlichkeit vor. Unter PR-Gesichtspunkten war die Auslagerung des Problems aus dem Bundespräsidialamt deshalb eine brillante Idee. Die Affäre wird verfahrensförmig, sie wird bürokratisiert, ein Zustand – wieder Luhmann – in dem die Ressentiments verdampfen können.

Am Ende, so die Kalkulation Wulffs und seines fleißigen Verteidigers, steht nicht Transparenz, sondern eine Art Ermattungsfriede. Wenn alles ausgefragt wurde und man ausgeantwortet hat. Eine Strategie, die nur aufgeht, wenn keiner Fehler macht. Einer war Wulff in seinem Fernsehinterview unterlaufen, als er der Moderatorin eine Liste mit 400 Fragen und Antworten zum Geschehen in die Hand versprach. Lehr dürfte am Bildschirm gezuckt haben. Jede der Fragen könnte drei neue provozieren. Eine Schneeball-Affäre.

Um den Bruch des Versprechens zu kaschieren, erfolgte erneut eine scheinsachliche Berufung auf das Recht. Lehr bemühte die anwaltliche Schweigepflicht. Doch die reicht nur so weit, wie Wulff es will, er könnte Lehr entpflichten. Am Mittwoch zog Lehr deshalb eine neue Karte: Eine Veröffentlichung verletze die Rechte der Journalisten. Auch für dieses Problem gäbe es wohl eine Lösung. Die Journalisten willigen ein. Also bitte, Kollegen.

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