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Mann, Männlich, Daniel Craig.
© dpa

Wulff, Clooney, Craig & Co: Was ist der Mann? Wie soll er sein?

Das Bild des Mannes hat gelitten – und das nicht erst seit Christian Wulff. Nun muss es gerettet werden, denn 2012 steht im Zeichen des Mannes. Doch wie soll er sein, der Mann von heute?

Nachdem 2011 irgendwie das Jahr der Frauen war – was zwar überhaupt nicht an der Frauennationalmannschaft lag, dafür aber an Lady Gaga, Angela Merkel, Natalie Portman, Sybille Lewitscharoff, Lana Del Rey, Anne Sinclair, Charlotte Roche und vielen anderen, die das Jahr prägten. Nachdem also über das Bild der Frau diskutiert wurde, geht es in diesem Jahr um den Mann, um das Bild des Mannes, es wird ein Männer-Jahr, darauf lege ich mich schon jetzt fest.

Warum ich das glaube? Das liegt nicht nur, aber auch, an Christian Wulff, beim Schreiben dieses Textes noch Bundespräsident. Und während andere darüber schreiben, was dieser Mann mit der Würde des Amtes gerade anstellt, geht es mir darum, was er mit der Würde des Mannes anstellt – ich meine, er stellt damit nichts Gutes an.

Wäre ich irre oberflächlich, dann würde ich jetzt behaupten, dass ein Mann nicht so rumlaufen darf wie Christian Wulff – diese Anzüge, diese Hemden, diese Krawatten! Ein Mann kann und darf und soll nicht so langweilig aussehen. Bevor er zum Bundespräsident gewählt wurde, versuchte der „Zeit“-Autor Moritz von Uslar den Stil Wulffs zu ergründen, sein damaliger Pressesprecher zeigte sich auskunftsfreudig: Wenn der Ministerpräsident (ja, damals war er noch Ministerpräsident von Niedersachsen) fünf Minuten Zeit habe, etwa am Berliner Hauptbahnhof, dann gehe es rein zum Herrenausstatter Eterna, Krawatten und Hemden kaufen.

Uslar verließ in seinem Text, der im Juni 2010 erschien, aber die Oberfläche und schrieb außerdem: „Es steht in diesem Gesicht wirklich kaum eine Erfahrung, ob schön oder nicht so schön, kein Wollen, kein Wünschen, kein Schmerz, keine Lust, keine Idee, keine Leidenschaft, kein Weltbild, kein ernstes, tiefer gehendes, gar philosophisches Ansinnen. Man fragt sich im Anbetracht von Wulffs Gesicht, welche Möglichkeit des Ausdrucks Menschen überhaupt zur Verfügung steht, wenn das Gesicht hierfür offensichtlich ausfällt: Soll er mit den Händen sprechen, mit den Füßen?“ Hätte man vieles schon damals ahnen können?

Dass Wulff an einen Mann erinnert, der sich zwar von einer Frau trennt, danach aber am meisten heult? Spätestens aber seit dem Fernsehinterview von Mittwochabend steht fest, dass Wulff auch dem Bild des Mannes schadet, denn so darf ein Mann nicht sein: weinerlich, um Verständnis bettelnd. Die Grundregel missachtend, die doch lautet: „Beschwer dich nie, erklär dich nie.“ Wenn er in jenem Interview selbst eine verunglückte Übersetzung der anderen Grundregel bringt – if you can't stand the heat, get out of the kitchen – dann wirkt das so, als würde er tatsächlich nicht wissen, wo oben und unten ist im Leben.

Das Bild des Mannes hat gelitten.

Gibt aber ja natürlich Männer, die so etwas wissen und die vielleicht dieses Jahr prägen könnten und damit das Bild des Mannes, das in der Vergangenheit bereits litt, retten: Auf dem aktuellen Cover des US-Magazins „Vanity Fair“ sieht man die Schauspieler Daniel Craig, George Clooney und Matt Damon, dazu die Zeile „Leading Men“, für die es im Deutschen tatsächlich keine rechte Übersetzung gibt. Gemeint ist schlichtweg, dass es sich um die „führenden Schauspieler“ ihrer Generation handelt, aber es wäre nicht verkehrt, wenn man in ihnen auch das führende Männerbilder verkörpert sähe.

Natürlich könnte auch Wulff allerhand von ihnen lernen. Matt Damon zum Beispiel war bis vor einigen Jahren noch eine ziemliche Witzfigur, bis er dazu überging sich mit einer unglaublichen Selbstironie selber zu persiflieren: Auf Youtube kann man sich anschauen, wie Damon an Witzvideos wächst, er veralbert zum Beispiel seine Rolle als Jason Bourne und sich selbst in einer Late-Night-Show. Humor, Selbstironie – effektive Waffen des Mannes, die Wulff leider fremd sind.

Wie viele andere Männer auch, sieht Wulff nicht aus wie George Clooney, das kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, aber wie Clooney seinen Weg gemacht hat vom Darsteller eine TV-Krankenhausserie (sein Niedersachsen!) zum wichtigsten Mann in Hollywood (Präsident!) ohne dabei ständig zu jammern, wie er diesen Weg doch unterschätzt habe, ist vorbildhaft. Wie tadellose Anzüge sitzen können, will ich an dieser Stelle nur andeuten.

Und Daniel Craig? Nun, der Mann ist geschieden, hat eine Tochter, war mit Heike Makatsch zusammen und ist nun mit Rachel Weisz verheiratet ohne dauernd über das große Glück des Patchworks zu reden. Craig redet ja im Prinzip eher wenig.

Was ist der Mann? Wie soll er sein? Er steht in diesem Jahr unter Beobachtung, er sollte sich keine Fehler erlauben.

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