AfD-Spitzenkandidat: Was Gaulands rassistische Entgleisung über die AfD verrät
Gaulands "Entsorgen"-Äußerung zu Staatsministerin Özoguz: eine AfD-Provokation nach gewohntem Muster. Dennoch sollte man sie beachten - denn sie offenbart drei Dinge. Ein Kommentar.
Erst provozieren. Die Empörung abwarten. Dann relativieren. Und es am Ende doch genau so meinen. Im Grunde ist dieses Muster, nach dem die AfD Aufmerksamkeit kreiert, bestens bekannt. Und doch funktioniert es immer wieder – derzeit zu beobachten an der Äußerung des AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland, der davon sprach die stellvertretende SPD-Vorsitzende und Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz in Anatolien zu „entsorgen“. Gauland behauptete bereits kurz danach, sich nicht mehr erinnern zu können, das Wort verwendet zu haben. Gab nach einiger Aufregung zu, es sei zu hart und blieb dann doch dabei: „Frau Özoguz hat weder etwas in der Bundesregierung verloren, noch in Deutschland.“
Das ist rassistisch. Dennoch ist es gut, Gaulands Äußerung Aufmerksamkeit zu schenken. Denn sie zeigt drei Dinge.
Erstens: Die AfD ist sich ihrer Sache mittlerweile sehr sicher. Nach dem Umfragetief im Frühsommer hielten sich die Parteimitglieder noch auffällig bedeckt, Streit sollte intern geklärt werden, Provokationen gab es kaum. Auch von Rechtsaußen Björn Höcke war nichts zu hören. Doch mittlerweile zweifelt in der AfD offenbar kaum einer mehr daran, dass die Partei in den Bundestag einziehen wird – und zwar mithilfe einer stark rechten Wählerschaft, die sich von Provokationen wie der von Gauland sogar angesprochen fühlt. Auf bürgerliche Wähler ist die Partei offenbar nicht angewiesen.
Die Partei steht hinter Gauland
Zweitens: Gaulands Provokation ist nur ein Vorgeschmack. Die Anhänger des nationalistischen Flügels in der AfD werden nach der Bundestagswahl noch schärfere Töne anschlagen. Wenn sie schon vor der Wahl so ungeniert rassistische Positionen zur Schau tragen, wird es danach erst recht wenig Grund geben, sich zurückzuhalten. Auch von Höcke dürfte dann wieder zu hören sein. Ein Parteifunktionär vom Petry-Flügel erzählt hinter vorgehaltener Hand, er fürchte schon eine neue „Blut und Boden“-Rede. Bliebe diese dann ungestraft, könne das gemäßigte Mitglieder aus der Partei treiben.
Drittens: Große Teile der Partei stehen hinter Gaulands Äußerungen – oder tragen sie zumindest mit. Seine Schmähungen stoßen auf keinen nennenswerten Widerstand. Seine Ko-Spitzenkandidatin Alice Weidel widerspricht ihm in keinster Weise – und auch die Wortwahl kritisiert sie nicht, sondern bezeichnet sie lediglich als „Geschmackssache“. Der Vorsitzende der AfD-Jugendorganisation Markus Frohnmaier unterstützt Gauland und spitzt dessen Aussagen sogar noch weiter zu. Und nur Gaulands Kontrahentin, Parteichefin Frauke Petry, äußerte sich zumindest angesichts des Begriffs kritisch. Den Inhalt trägt auch sie mit. Sie kann den Drift nach rechts wohl ohnehin nicht mehr aufhalten.