Frank Bsirske und der Kita-Streik: Vor einem miesen Ergebnis
Der Verdi-Chef will erst wiedergewählt werden, dann den Kita-Konflikt lösen. Möglicherweise ergeht es ihm dabei wie seiner Vor-Vorgängerin. Ein Kommentar
Auf Wiedervorlage Anfang Oktober: Der Konflikt um die Bezahlung von Kitabeschäftigten und Sozialarbeitern ist so vermurkst, dass die Tarifparteien auf Zeit setzen. Aber was soll passieren? Verbessert sich bis Oktober die Finanzlage der Kommunen so sehr, dass sie Verdi entgegenkommen? Oder finden die Gewerkschafter einen Ausweg aus der Klemme, in die sie sich selbst gebracht haben? In ein paar Wochen steht der Bundeskongress der Dienstleistungsgewerkschaft an. Am 22. September wird Frank Bsirske zum fünften und letzten Mal zum Vorsitzenden gewählt. An der Wahl gibt es keine Zweifel; weit und breit ist in der zweitgrößten deutschen Gewerkschaft niemand zu sehen, der den 63-Jährigen ersetzen könnte. Aber vielleicht geht es Bsirske so wie einst Monika Wulf-Mathies, einer Vor-Vorgängerin Bsirskes. Jedenfalls gibt es Parallelen: Nach einer missratenen Tarifrunde im öffentlichen Dienst inklusive Streik und Schlichtung verweigerte die Basis 1992 der damaligen ÖTV-Chefin die Zustimmung zum Schlichterspruch. Wulf-Mathies wurde auf dem folgenden ÖTV- Kongress zwar wiedergewählt, aber mit einem miesen Ergebnis. Sie war angeschlagen und wechselte wenige Jahre später auf den Posten einer EU-Kommissarin nach Brüssel.
Ähnliche Pläne sind von Bsirske nicht bekannt. Aber es ist schleierhaft, wie er den Auftrag der eigenen Basis – deutlich mehr Geld als nach dem Schlichterspruch vorgesehen – umsetzen will. Vier Wochen Streik hat es bereits im Mai gegeben, ohne große Wirkung auf die Kommunen, aber mit dem Effekt des schwindenden Verständnisses der Eltern für die Belange der Gewerkschaft und ihrer Klientel, des Kitapersonals und der Sozialarbeiter. Was bewirkt ein erneuter Streik anderes als im Mai? Wen trifft Bsirske mit „unkonventionellen Streikformen“ und „unberechenbaren“ Streiks – die Eltern, oder die Kommunen? Und kann Verdi überhaupt noch den Arbeitskampf verschärfen, um die Kompromissbereitschaft der Arbeitgeber zu erhöhen? Bisher hat es im Organisationsbereich von Verdi in diesem Jahr 1,5 Millionen Streiktage gegeben. Schätzungen zufolge summieren sich die Kosten für Streikgeld und allem Drum und Dran, was zu einem Arbeitskampf gehört, auf rund 100 Millionen Euro. Das ist ein Menge für die Dienstleistungsgewerkschaft, die seit ihrer Gründung 2001 fast 800 000 Mitglieder verloren hat und Richtung zwei Millionen schrumpft. Wenn Bsirske überzieht und die Kasse leert, sind in den kommenden Jahren kaum Arbeitskämpfe, zum Beispiel zur Aufwertung der Arbeit in der Pflege, möglich.
Zwischen Monika Wulf-Mathies und Frank Bsirske führte Herbert Mai in den 1990er Jahren die ÖTV. Mit dem Hinweis, Bsirske habe mit der Forderung nach durchschnittlich zehn Prozent mehr Geld die Erwartungen der Erzieher und Sozialarbeiter in unrealistische Höhe getrieben, hat Mai recht. Aber die Schlaumeierei des Vorgängers hilft jetzt nicht weiter. Bsirske braucht das Entgegenkommen der Arbeitgeber, um den Konflikt in diesem Herbst beenden zu können. Das wäre für beide Tarifparteien gut – schließlich sieht man sich Anfang 2016 in einer normalen Gehaltstarifrunde wieder. Die Erwartungen der eigenen Leute aber wird Bsirske nicht erfüllen können.
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