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RBB und ZDF: Von Kuschern und Gekuschten

Zwei Sender, zwei Fälle von Einflussnahme: Nach dem Anruf eines Brandenburger Regierungssprechers lässt der RBB-Intendant einen Beitrag verändern. Das ZDF hat in einem ähnlichen Fall sehr viel souveräner reagiert.

Muss man ein Mainzer sein, um zum Helden zu taugen? CSU-Sprecher Hans Michael Strepp hat im Herbst 2012 den diensthabenden Redakteur der ZDF-Nachrichtensendung „heute“ angerufen und verlangt, dass das Zweite über den Landesparteitag der bayerischen SPD nichts berichte. „Heute“ berichtete – und Strepp verlor seinen Job.

Eingeweihte im „Zentrum Der Freude“ wissen, dass der Sender von der eigenen Courage am meisten überrascht wurde. In früheren Jahren und Jahrzehnten wurde die parteipolitische Berichterstattung aus Mainz gerne so getunt, dass kein Sprecher gleich welcher Partei anrufen musste.

Ist der Brandenburger ein Kuscher? Im Frühjahr 2012 rief Thomas Braune bei Christoph Singelnstein an. Braune ist Sprecher der rot-roten Landesregierung in Potsdam, Singelnstein ist RBB-Chefredakteur. Braune wollte ungünstige Fernsehbilder seines Ministerpräsidenten Matthias Platzeck verhindern. Singelnstein ließ die Aufnahmen rausnehmen.

Der Regierungssprecher als Programmmacher, der Chefredakteur einer öffentlich-rechtlichen Anstalt als Erfüllungsgehilfe – ein irritierender Vorgang. Braune übte den Durchgriff, was Zweifel an seinem Verständnis von Aufgabe und Amt eines Regierungssprechers provoziert. Singelnstein setzte das größte Pfund, das ein publizistisches Unternehmen haben kann – die journalistische Unabhängigkeit – aufs Spiel. Der RBB hat in der kontinuierlichen, täglichen Fernsehberichterstattung aus und über die Mark ein Alleinstellungsmerkmal. „Brandenburg aktuell“ wie auch „RBB aktuell“ sind die telegenen Transmissionsriemen der Landespolitik. Die übrigen Fernsehsender interessieren sich für den Flughafen BER – und dann lange für wenig bis nichts aus der Mark.

Aus dem Quasi-Monopol für das regionale TV-Geschehen erwächst dem RRB eine besondere Verantwortung. Wie das geht, hat das ZDF vorgemacht. Es hat der Fernsehanstalt zu Ruhm und Ehre gereicht, dass der CSU-Sprecher ins Leere telefoniert hat. Der Beifall war auch deswegen so laut, weil das gerne traktierte Klischee, dass die Parteipolitiker in den Gremien von ARD und ZDF Anstaltskarrieren machen und dafür Rendite erwarten, aufgebrochen wurde.

Der Widerstand im ZDF hat gezeigt, dass diese Einflussnahme so nicht mehr funktioniert, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich von seinen Paten in der Politik emanzipiert; was die von Gottes Gnaden regierende CSU kapiert hat, müssten auch die Glieder und Mitglieder der bieder-braven Brandenburger SPD begreifen.

Singelnstein hat einen Fehler gemacht, er bekennt sich dazu. Er muss nicht zurücktreten. Eine ARD-Anstalt kann auch eine Besserungsanstalt sein. Immer vorausgesetzt, dass sich die bisher desinteressierte Intendantin Dagmar Reim an die Spitze der Bewegung „Unabhängiger RBB“ setzt. Und Braune, der Singelnstein-Flüsterer? Der darf sich von Strepp genau erklären lassen, was mit Sprecher und Partei passiert, wenn ein Regierungssprecher übergriffig wird.

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