Camp auf dem Oranienplatz: Von Henkel wird Härte erwartet
Berlins Innensenator hat das Flüchtlingscamp am Oranienplatz ins Visier genommen. Gefühl und Härte stehen gegeneinander. Doch Frank Henkel bleibt gar keine andere Möglichkeit als die, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen.
Das hat er nun davon. Frank Henkel ist zwei Jahre nach Dienstbeginn zum ersten Mal in der typischen Innenminister-Situation: Härte wird von ihm erwartet. In Kreuzberg muss er für Ordnung sorgen.
Die Chance, dem Innenminister-Klischee gerecht zu werden, verdankt der CDU-Mann der grünen Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann. Der Streitpunkt zwischen beiden liegt auf dem Oranienplatz und hat die Gestalt eines Flüchtlingscamps aus Schlafzelten. Als die erste Generation von asylsuchenden Flüchtlingen die Zelte verlassen konnte, weil sie mithilfe diverser Senatsmitglieder und, vor allem, der Kirche in einem Haus der Caritas untergebracht worden war, verpasste Herrmann den Zeitpunkt, um die Schlafzelte entfernen zu lassen. So hat sie es selbst gesagt. Kurz zuvor hatte Henkel einen Vorgang aus dem Camp gemacht – nicht einfach so, sondern als „Bezirksaufsichtsbehörde“. Als solche wollte er wissen, wann das Camp verschwinden würde.
Der Zeitpunkt, sich einzuschalten war – nachdem sich die Flüchtlinge in Berlin erst mal bekannt gemacht und niedergelassen hatten – der relativ beste: Flüchtlinge versorgt, Verbleib eines einzigen „Infozeltes“ für den Protest gegen das deutsche Asylrecht möglich, polizeilich zu entscheidende Fundamentalkonflikte wegen allerlei Verstößen gegen das Asylrecht vermieden. Hätte Herrmann ihren Oranienplatz nach dem Abzug der Campbewohner unter Kontrolle bekommen, wäre das Problem für Henkel erst mal erledigt gewesen.
Nun aber stehen, wie schon öfter in Kreuzberg, Gefühl und Härte gegeneinander. Henkel wird sich im Senat Anfang 2014 um das Votum für eine „Maßnahme“ gegen den Bezirk bemühen müssen. Ein Polizeieinsatz ist zu planen, der so schnell und so entschieden verlaufen muss, dass er erledigt ist, bevor sich größere Trupps politisch motivierter Asylrechtsgegner auf dem Oranienplatz und um ihn herum versammeln und mit Kopfsteinpflaster munitionieren können. Henkel weiß, dass viele Bürger dies von ihm erwarten – und er geht davon aus, dass er sich dabei auf eine klug planende Polizei verlassen kann.
Als Krisenmanager hat der Innensenator nicht immer eine glückliche Hand gehabt – Stichwort: Berliner Verfassungsschutz verschlampt NSU-Akten. Im Umgang mit dem O-Platz-Konflikt hat er nun gar keine andere Möglichkeit als die, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen. Nebenbei bemerkt: Die Brutalisierung der Zustände in der ebenfalls von Flüchtlingen bewohnten Gerhart-Hauptmann-Schule zeigt, dass sich manche Kreuzberger Hoffnungen auf kollektive Konsenslösungen nicht immer erfüllen.
Tatsächlich geht es um eine Berliner Linie in der Asylpolitik. Der Senat hat bislang Gefühl gezeigt und Härten vermieden. Monika Herrmann muss mit ihrem politischen Gewissen ausmachen, ob es fair ist und der Sache dient, dem Innensenator und der Polizei den fiesen Teil der Flüchtlingspolitik zu überlassen. Um die Zustimmung des Senats indes sollte sich Henkel keine Gedanken machen müssen: Würden ihm die SPD-Senatoren das Votum verweigern, wäre die Berliner Koalition am Ende.