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Privat oder staatlich? Im Berliner Stromnetz könnte die Privatisierung rückgängig gemacht werden.
© dpa

Konzession für das Berliner Stromnetz wird neu vergeben: VEB Energie

Vattenfall ist nur einer unter fünf Bewerbern für das Berliner Stromnetz, viele Bürger wollen die Privatisierung rückgängig machen. Wenn sich Vattenfall danach auch noch aus der Braunkohle in der Lausitz zurückzieht, hätte das Land einen VEB Energie - mit zweifelhaftem Aufsichtsrat.

Alle fünf Jahre geht in jedem Berliner Haushalt einmal das Licht aus. Zumeist nur kurz, denn die Techniker haben das Problem in der Regel rasch gelöst. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es eine so sichere Stromversorgung, argumentiert Vattenfall, wenn es um die Zukunft des Netzes geht, das das Land Berlin mit der Privatisierung der Bewag Ende der 90er Jahre an den schwedischen Staatskonzern verkaufte. Das Unternehmen hat danach eine gute Zeit gehabt. Bis zur Energiewende. Und bis sich in Hamburg und Berlin Initiativen gründeten, die im Herbst die jeweilige Stadtregierung per Volksentscheid zur Übernahme des Netzes zwingen wollen.

Gut gegen Böse – auf diese leicht verständliche Frontstellung möchte mancher ökologisch bewegte Aktivist den Streit reduzieren. Vattenfalls Rolle ist klar: Der Energiekonzern hat prächtige Profite gemacht, dabei mit der Verstromung dreckiger Braunkohle das Klima beschädigt und als Betreiber der Pannen-Akws in Krümmel und Brunsbüttel Verantwortungslosigkeit bewiesen. Die Umsetzung der Energiewende wird Vattenfall nicht zugetraut. Also selbst Strom erzeugen und durch ein eigenes Netz leiten. Am Preis des Stroms ändert das indes nichts, denn die Netzentgelte werden von einer Bundesbehörde festgelegt.

In Berlin geht es um die Eigentums- und Nutzungsrechte beim 35 000 Kilometer langen Strom-Verteilungsnetz sowie ein landeseigenes Stadtwerk für Ökostrom. Auf das Stadtwerk haben sich SPD und CDU verständigt – mehr aber auch nicht. Verschiedene Varianten sind in der Diskussion, manche mit Beteiligung von Landesunternehmen und Privatwirtschaft, manche ohne. Wo der Strom herkommt, ist offen. Ein Konzept des zuständigen Senators Michael Müller steht aus.

Ein gutes Konzept braucht Müller auch, wenn er sich mit der landeseigenen Firma „Berlin Energie“ um die Konzession für den Betrieb des Stromnetzes bewirbt. Finanzsenator Ulrich Nußbaum vergibt die Konzession nach gesetzlichen Vorgaben: Der Konzessionär muss eine sichere, effiziente, preisgünstige und umweltverträgliche Versorgung gewährleisten. Und er muss das Netz allen Stromanbietern zur Verfügung stellen, unabhängig davon, was für Strom sie durchleiten. In Berlin gibt es mehr als 300 Anbieter.

Die CDU, Finanzsenator Nußbaum und der Regierende Bürgermeister wollen das Netz nicht. Sie hoffen darauf, dass Müllers Bewerbung von einem der fünf Mitbewerber, darunter auch Vattenfall, ausgestochen wird. Vor allem wollen sie nicht Eigentümer des Netzes werden. Deshalb haben sie den Volksentscheid darüber nicht auf den 22. September gelegt. Denn am Tag der Bundestagswahl wäre die Gefahr groß, dass tatsächlich die erforderliche Mehrheit erreicht würde und sich der Senat anschließend einem Kauf kaum entziehen könnte. Aber woher die Milliarden nehmen für den Kaufpreis und die nötigen Investitionen ins Netz?

Das finanziert sich von selbst, meinen die Freunde des Netzkaufs mit dem Hinweis auf die Rendite. Einem IHK-Gutachten zufolge liegt die Eigenkapitalrendite für das Land bei 0,2 Prozent. Das lohnt nicht. Aber es geht ja auch weniger um Rationalität als um Misstrauen gegenüber einem Konzern und eine neue Lust am Staatseigentum. Wenn das Volk Vattenfall die Netze abnimmt, würde die Privatisierung rückgängig gemacht. Und zieht sich Vattenfall dann noch aus der Lausitzer Braunkohle zurück, wofür manches spricht, bekommen wir vielleicht einen VEB Energie. Mit Klaus Wowereit und Matthias Platzeck im Aufsichtsrat.

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