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Sprengstoffpakete: Terrorgefahr: Die Regierung muss handeln

Jemen ist ein schwacher Staat, Deutschland glücklicherweise nicht. Es wäre jedoch sicherer, wenn nicht zu befürchten wäre, dass in der Politik manchmal der Wille fehlt, unpopuläre, aber unumgänglich erscheinende Maßnahmen für mehr Schutz vor militanten Fanatikern zu beschließen.

Die Vorstellung ist gruselig. Man sitzt in einer Passagiermaschine, hat sich zuvor am Flughafen abtasten und sein Handgepäck röntgen lassen und glaubt nicht, irgendjemand könnte eine Waffe oder einen Sprengsatz durch die Sicherheitsschleuse an Bord geschmuggelt haben. Höchstwahrscheinlich kann das auch heute kaum noch geschehen. Dass der Passagier dennoch in Lebensgefahr schweben könnte, weil im Bauch der Maschine zwischen den Koffern eine Zeitbombe tickt, war bis zum vergangenen Wochenende offenbar unvorstellbar. Auch für die Sicherheitsbehörden. Und doch ist es genau das Horrorszenario, das die Beinahe-Anschläge mit den zwei Paketbomben aus dem Jemen befürchten lassen. Obwohl diese Sprengsätze in Frachtflugzeugen transportiert wurden, sind Passagiermaschinen nicht weniger gefährdet, da sie oft auch Pakete von Firmen und Privatpersonen mitnehmen. Das plötzlich offenbarte Risiko erschreckt – und deprimiert.

Es ist Al Qaida erneut gelungen, eine Schutzlücke zu finden, obwohl Staaten weltweit ihre Sicherheitsapparate nach den Anschlägen vom 11. September aufgerüstet haben, gerade auch bei der Luftfahrt. Dass der islamistische Terror dennoch hier wieder eindringen konnte, dass sogar zu befürchten war, die beiden Paketbomben hätten die Flugzeuge in der Luft zerrissen, ist schockierend. Und leider ist der Vorfall vom Wochenende nicht der einzige nach 9/11, der vom perfiden Erfindungsreichtum der Terrorszene bei Angriffen auf Flugzeuge kündet. Vor einem knappen Jahr, am ersten Weihnachtstag, versuchte ein Nigerianer mit Sprengstoff in der Unterhose, sich in einer Maschine über Detroit in die Luft zu sprengen. Keine Sicherheitsmaßnahme hatte verhindern können, dass der Täter an Bord gelangte. Vermutlich gibt es sogar eine Verbindung zwischen dem Angriff des Nigerianers und den zwei Paketbomben. Beide Male führen die Spuren in den Jemen, wo sich Al Qaida eingenistet hat.

Jemen ist ein schwacher Staat, Deutschland glücklicherweise nicht. Die Bundesrepublik kann Schutzlücken schließen, auch wenn das manchmal dauert. Dass schon seit Montag unter Federführung des Bundesinnenministeriums ein Arbeitsstab mehrerer Behörden überlegt, wie Luftfracht besser vor Terrorattacken zu schützen wäre, ist da eine gute Nachricht. Sie würde noch besser, wenn nicht zu befürchten wäre, dass in der Politik manchmal der Wille fehlt, unpopuläre, aber unumgänglich erscheinende Maßnahmen für mehr Schutz vor militanten Fanatikern zu beschließen.

Der leidige Streit um die Vorratsdatenspeicherung ist ein Beispiel für regierungsinternes Gezerre auf Kosten der Sicherheit. Das FDP-geführte Bundesjustizministerium zögert, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, obwohl nicht nur der christdemokratische Bundesinnenminister, sondern auch viele Polizeiexperten zur Aufklärung und zur Verhinderung schwerer Verbrechen den Zugriff auf gespeicherte Telekommunikationsdaten für unverzichtbar halten.

Was wird nun bei der Luftfracht geschehen? Notwendig erscheint, dass die hier tätigen Unternehmen rasch und gemeinsam mit Zoll und Bundespolizei die Kontrolle deutlich verstärken. Obwohl angesichts des immensen Frachtaufkommens keine lückenlose Überwachung möglich ist, wären schon gehäufte Stichproben als Vorstufe zu einem weitgehenden Screening hilfreich. International, nicht nur hier. Damit diese Schutzlücke zumindest verengt wird. Al Qaida, so viel ist sicher, wird auf Paketbomben nicht verzichten.

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