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AfD-Chef Alexander Gauland geht Angela Merkel vorbei zum Rednerpult.
© Christophe Gateau/dpa

Regierungserklärung im Bundestag: Streit muss sein – auch ohne die AfD

Wollen die anderen Parteien der AfD beikommen, müssen sie sie überflüssig machen. Es sollte nicht der AfD bedürfen, damit im Bundestag wieder hitzig debattiert wird. Ein Kommentar.

Nun ist er also da, jener Zustand, den die anderen Parteien gern verhindert hätten: Die AfD ist offiziell Oppositionsführerin. Angela Merkel hat die erste Regierungserklärung nach ihrer Wiederwahl gehalten – und Alexander Gauland hat ihr als Erster geantwortet. Den Schrecken, den vor allem die SPD damit verband, hat das nicht verbreitet.

Die Parteien hatten in den vergangenen Monaten Gelegenheit, den Umgang mit der AfD zu proben. Der nach rechts zur AfD hin eingedrehte Oberkörper, den Finger erhoben – das war bei den Rednern im Plenum eine häufig zu beobachtende Haltung. Man setzte sich mit Leidenschaft auseinander.

Da war der Grünen-Politiker Cem Özdemir, der die Partei in heißer Wut des Rassismus bezichtigte, da war Britta Haßelmann, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, die ihr Scheinheiligkeit vorwarf, oder der jüngste Unionsabgeordnete Philipp Amthor, der den Antrag der AfD zur Vollverschleierung als verfassungswidrig zerpflückte. Es waren Reden, die im Internet zehntausendfach angesehen und geteilt wurden, die gelobt und analysiert wurden, von denen auch Wochen später noch gesprochen wurde.

Die Partei überflüssig machen

Und doch zeigte sich, dass jede Möglichkeit des Umgangs mit der Partei ihre Schattenseiten hat. Empörung und Wut rücken die AfD in den Fokus, die Skandalisierung ihrer Botschaften nützt ihr – und seien die Vorwürfe noch so berechtigt. Es ist die Strategie der Partei, jede Sitzungswoche einen Antrag zu stellen, der – wenn schon nicht im Inhalt, dann in der Wortwahl – bei anderen Parteien für Aufruhr sorgt. Gleichzeitig trägt ein ruhiger, sachlicher, neutraler Umgang zur Normalisierung der AfD bei. Eine Zustimmung zu ihren Anträgen ist jedoch bislang ebenso undenkbar, wie es nicht klug ist, die Vorstöße der AfD nur deshalb abzulehnen, weil sie von den Rechtspopulisten kommen.

Wie kann man dem Dilemma entkommen? Indem man die Partei überflüssig macht. Es sollte nicht einer Partei mit nationalistischen Parolen bedürfen, damit im Bundestag wieder hitzige und spannende Debatten stattfinden. Es darf auch nicht der AfD überlassen werden, bestimmte Probleme anzusprechen. Schwierigkeiten etwa mit der Zuwanderung müssen von allen Parteien thematisiert werden – denn nicht damit betreiben sie das Geschäft der AfD, sondern wenn sie dazu schweigen.

Hitzige Debatten - beim Diesel wie beim Doppelpass

Vor allem aber darf es nicht sein, dass das Plenum des Bundestages nur in der Auseinandersetzung mit der AfD volle Fahrt aufnimmt. Wenn die Parteien als Einheitsfront erscheinen, spielen sie genau die Rolle, die die AfD ihnen immer zuschreibt. Genauso leidenschaftlich wie über die Vorstöße der Rechtspopulisten sollte über Anträge der Linken, der Grünen, der FDP oder der Regierungskoalition debattiert werden. Natürlich eignet sich dazu nicht jedes Thema – aber der Anspruch muss da sein.

Bei Diesel, Hartz IV und Pflegenotstand muss es im Plenum genauso laut zugehen wie in der Debatte über einen Antrag der AfD zu Grenzschließungen, Doppelpass oder Vollverschleierung. Die Partei darf nur so viel Aufmerksamkeit bekommen, wie ihr zusteht. Sie ist die stärkste Oppositionspartei – nicht weniger, nicht mehr.

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