Kolumne: Sprachförderung und Polemik
Für den Spracherwerb ist es wichtig, dass Kinder möglichst früh viel Deutsch sprechen. Doch viele deutsche Eltern aus Multi-Kulti-Kiezen schicken ihre Kinder nicht in die babylonischen Kitas. Ihnen wird deshalb Egoismus vorgeworfen. Das ist völlig daneben, findet unsere Autorin.
Ratlosigkeit machte sich breit im großen Versammlungssaal des Kanzleramtes, als beim jüngsten Integrationsgipfel erklärt wurde, dass niemand genau wüsste, mit welchem Programm Kitakinder aus Einwandererfamilien am schnellsten und besten Deutsch lernen. Was nun? Schon entschieden: Es wird bald eine Bundesmillionenförderung geben, um es herauszufinden.
Experten wissen schon heute, wie kompliziert das ist, denn beim Spracherwerb spielen viele Faktoren eine prägende Rolle. Doch es gibt ja den Königsweg, wie das Kleinkind schnell und sicher zur Sprache kommt; wissenschaftlich abgesichert, millionenfach empirisch erprobt. Es sind die Eltern, die Geschwister, die Spielfreunde, also die ganz nahen Bezugspersonen, die das ersehnte „Sprachfutter“ liefern. Dazu bedarf es keiner Ausbildung, keines Programmaufbaus; es funktioniert immer, weil der kleine Mensch eine angeborene Freude daran hat, sich mit dem Du und mit der Welt sprachlich zu verbinden. Warum lässt sich das in der Kita nicht einfach nachahmen? Bei einer Erzieherin für 15 Deutschhungrige? Außerdem ist Sprachförderung nur eine von hundert weiteren Pflichten. Ja, alles wäre leichter, gäbe es noch Kinder in der Gruppe, die Deutsch als Muttersprache sprechen. Dann könnten die türkisch- oder anderssprachigen Kids ein tägliches natürliches „Sprachbad“ in Deutsch erleben. Unmöglich, wenn fast 60 Prozent Einwandererkinder in Berlin Kitas besuchen, in denen Deutschsprachige gar nicht oder nur als Rarität zu finden sind, wie das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung in einer kürzlich erschienenen Studie festgestellt hat.
Ein großes Wochenmagazin bezeichnet jetzt das Verhalten deutscher Eltern als „Egoismus mit fatalen Folgen“, weil sie ihren Nachwuchs babylonischen Verhältnissen entziehen. Etwas, das übrigens längst auch bildungsbeflissene Einwanderer praktizieren. Endlich wissen wir also, wer wirklich Schuld hat an der frühen Sprachmisere. Doch nicht die Migranten. Nein, es sind die Einheimischen! Das ist wieder eine neue Giftspritze im Diskussionsgebräu um Migration. Völlig daneben, weil schmähend. Freuen wir uns doch, dass endlich die frühkindliche Sprachförderung oben angekommen ist in Forschung und Lehre, dank der Einwanderung. Das hilft allen Kindern.
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