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Bernd Fabritius.
© dpa

Bernd Fabritius löst Erika Steinbach ab: Spätaussiedler soll neuer Vertriebenen-Chef werden

Die bisherige Vertriebenen-Chefin galt vielen als Revanchistin. Ihr Nachfolger gilt als "100-prozentiger Europäer". Das wird nicht nur das Verhältnis zu Polen entkrampfen.

Wer an den Bund der Vertriebenen (BdV) denkt, der denkt an Erika Steinbach. 16 Jahre lang stand die große Blonde als Präsidentin an dessen Spitze. Und als stramme Konservative hat sie – dort und in der CDU – polarisiert wie kaum eine andere. Stimmte gegen die Oder-Neiße-Grenze, wollte den EU-Beitritt Polens und Tschechiens verhindern und sah sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, die NS-Verbrechen zu relativieren. Bei einer Umfrage vor fünf Jahren gab es nur eine Person, die den Polen mehr Angst einjagte als die deutsche Vertriebenen-Chefin: Wladimir Putin.

Tatsächlich pflegte Steinbach ihren Ruf als Revanchistin. Nachdem sie beispielsweise die NSDAP per Twitter als linke Partei bezeichnet hatte, freute sich geradezu über die heftigen Reaktionen. Doch die BdV-Präsidentin hatte ein Handicap: Sie war keine „echte“ Vertriebene. Dass sie 1943 im „Reichsgau Danzig Westpreußen“ geboren ist, wo sie 18 Monate später wieder fortmusste, liegt daran, dass ihre Eltern mit der deutschen Besatzungsmacht ins Land gekommen waren. Wirklich heimisch waren sie dort nicht.

In Rumänien aufgewachsen

Ihrem Nachfolger in spe werden sie seine Herkunft sicher nicht vorwerfen. Bernd Fabritius, der im November die dann 71-jährige BdV-Präsidentin beerben soll, gehört als Spätaussiedler zur so genannten „Erlebnis-Generation“. Er ist in Rumänien aufgewachsen, hat noch das Ceausescu-Regime erlebt und kam erst als 18-Jähriger nach Bayern. 2013 zog der Münchner Rechtsanwalt für die CSU in den Bundestag ein – und seither haben dort auch die mehr als drei Millionen Russland- und Rumäniendeutschen einen Interessensvertreter.

Fabritius ist Verbandschef der Siebenbürger Sachsen, Chef von deren weltweiter Föderation und seit 2010 auch schon Steinbachs Stellvertreter. Seine Wahl dürfte Formsache sein. Doch sie ist ein Signal. Mit dem 49-Jährigen bekommen die Vertriebenen erstmals einen Präsidenten, dem der Blick nach vorn offensichtlich wichtiger ist als der zurück. Und nicht nur seine Herkunft dürfte ihr Verhältnis zu den Polen entkrampfen.

"Ich bin zum Dialog bereit"

Im Bundestag gehört Fabritius dem Menschenrechts- und Europaausschuss an, er gilt als "100prozentiger Europäer". Im BdV will er „Brückenbauer“ sein. Ein Neuanfang der Beziehungen zu Polen sei möglich, sagt er. „Ich bin zum Dialog bereit und in keiner Weise voreingenommen.“

Steinbachs großer Hinterlassenschaft, der „Stiftung Flucht Vertreibung, Versöhnung“, übrigens wird der Wechsel auch gut tun. Die bisherige BdV-Chefin durfte wegen ihrer scharfen Positionierung bekanntlich nicht in den Stiftungsrat. Fabritius sitzt längst drin. Der Bundestag hat ihn im Juli 2010 ganz unaufgeregt hineingewählt.

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