Künstliches Fleisch: Schmeckt nach Zukunft
Kunstfleisch wäre gut für Tier, Mensch und Klima. Aber bis zum ersten verzehrfähigen Laborburger wird noch eine Weile vergehen.
Weniger Fleisch zu essen, sagen die Grünen, sei gut für Gesundheit, Klima und den Tierschutz, und damit haben sie völlig recht. Nun fordern sie einen fleischlosen Tag in Kantinen. Vielleicht geht es auch ohne „Veggie Day“, wie die Initiative auf Denglisch heißt. Denn in London haben zur gleichen Zeit, ein merkwürdiger Zufall, Forscher den ersten Burger präsentiert, der mit Fleisch aus dem Labor hergestellt wurde. Ihre Idee besteht darin, statt ganzer Tiere nur Muskelgewebe zu produzieren. Könnte Gesundheit, Klima und Tiere schonen.
Vorerst steht in den Sternen, ob Muskelmasse aus der Petrischale jemals an der Fleischtheke angeboten wird. Die Produktion des ersten essbaren Muskelzellhaufens hat Unsummen an Geld verschlungen, dem Gewebe fehlt es neben anderem an Fett als wichtigem Aromaträger, und die technischen Probleme sind vorerst so gewaltig, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten wohl kein „Laborburger“ bei McDonald’s im Menü landen wird. Und um ein saftiges Steak zu imitieren, wird es garantiert noch einmal 20 weitere Jahre dauern.
Doch selbst wenn Fleisch aus der Retorte eines Tages ins Kühlregal drängen wird: Nicht nur die Grünen, sondern die meisten Deutschen würden es wohl verschmähen. Sie würden es abstoßend finden, dass ein Lebensmittel in klinisch-steriler Laboratmosphäre erzeugt wurde. Bei Rindfleisch möchte man naturgemäß eher Almwiesen mit glücklich grasenden Kühen vor Augen haben. Aber Ekel ist ein zweifelhafter moralischer Kompass. Zum einen werden die meisten Lebensmittel längst industriell erzeugt, was sie bezahlbar macht und im Zeitalter einer wachsenden Weltbevölkerung zwingend erforderlich ist. Zum anderen besteht ein wesentlicher Grundsatz der Ethik darin, Leiden zu lindern oder zu vermeiden. Laborfleisch, für das kein Tier gequält wurde oder sterben musste, ist so gesehen die bessere Alternative.
Gegen Essen aus dem Labor wird zudem eingewendet, dass es „künstlich“ sei. Das Problem bei diesem Argument besteht darin, dass unsere ganze Zivilisation eigentlich ziemlich „künstlich“ ist, also eine vom Menschen gemachte. Seit Jahrtausenden hat er Pflanzen und Tiere nach seinen Bedürfnissen gezüchtet, so dass diese selbst Bestandteil unserer Kunstwelt geworden sind. Weder Mais noch Rindvieh hätten in freier Wildbahn eine Chance. Der Mensch hat die Natur gezähmt, um sich das Leben leichter und genussvoller zu machen. Und er hat Krankheitserreger, Parasiten und andere zweifelhafte Naturprodukte bekämpft. „Natürlich“ ist nicht automatisch „gut“.
Der Weg in die Zukunft kann nicht in einem Zurück zur Natur bestehen, das ist weder denkbar noch erstrebenswert. Es wird darum gehen, den Menschen mit der Natur zu versöhnen. Künstliches Fleisch kann ein Beitrag dazu sein, weil es Land-, Wasser- und Energieverbrauch im Vergleich zur konventionellen Produktion verringern kann. Aber klar ist auch, dass es schmecken muss. Sonst könnte man glatt Vegetarier werden.
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