Dr. WEWETZER: Röntgen für Raucher
Lungenkrebs ist gefürchtet. Der Tumor ist häufig, er wächst schnell, Heilung ist oft nicht möglich. Und so ist es verständlich, dass seit Jahrzehnten nach Möglichkeiten gesucht wurde, um Lungenkrebs frühzeitig zu erkennen.
Herkömmliche Röntgenaufnahmen erwiesen sich als ebenso wenig hilfreich wie Untersuchungen von Schleim aus den Atemwegen. Aber am Ende wurden die Forscher fündig. In einer großen und sorgfältigen Studie des Nationalen Krebsinstituts der USA stellte sich heraus, dass eine jährliche Niedrigdosis-Computertomografie (CT, eine moderne Röntgenuntersuchung) das Risiko starker Raucher, an Lungenkrebs zu sterben, um 20 Prozent senken kann.
An der Untersuchung nahmen mehr als 50 000 Raucher ohne Krankheitszeichen zwischen 55 und 74 teil. Die eine Hälfte erhielt über drei Jahre eine konventionelle Röntgenaufnahme des Brustkorbs, die andere wurde mit CT untersucht. Also eine typische Reihenuntersuchung von Gesunden, neudeutsch Screening genannt. Danach folgten dreieinhalb Jahre ohne Früherkennung, aber mit medizinischer Überwachung: Die CT-Untersuchung fand mehr und kleinere Tumoren und es starben in der Folge weniger CT-Untersuchte an Lungenkrebs.
Die Krebsgefahr stieg mit der Zahl der Zigaretten drastisch an. In der Gruppe der stärksten aktiven oder ehemaligen Raucher lag das Fünf-Jahres-Risiko eines Todes an Lungenkrebs bei über zwei Prozent. Die Starkraucher hatten mindestens 30 Packungsjahre hinter sich, also zum Beispiel eine Packung Zigaretten pro Tag über 30 Jahre oder drei Packungen pro Tag zehn Jahre lang.
Das Studienergebnis veranlasste amerikanische Experten, die Früherkennung bei der Gruppe der starken Raucher mit 30 oder mehr Packungsjahren zu befürworten, sofern sie in den letzten 15 Jahren geraucht haben und zwischen 55 und 80 sind. Für den Nutzen des CT zur Früherkennung bei einem Screening gebe es starke Belege – allerdings müssten die Nachteile berücksichtigt werden, lautete die Schlussfolgerung.
Und die sind leider erheblich: Da ist nicht nur die Strahlenbelastung durch das CT. Ein Hauptproblem sind Rundherde im CT-Bild, also verdächtige Areale, die Krebs sein könnten. Sie müssen genauer untersucht werden, etwa mithilfe einer Gewebeentnahme – an der verletzungsträchtigen Lunge leider ein riskantes Unterfangen. Oft erweist sich der vermeintliche Krebs als harmloses Gewebe, der Patient hat sich zu Unrecht geängstigt, aber unter Umständen ein lädiertes Atmungsorgan.
Dementsprechend zurückhaltend sind bislang viele deutsche Fachleute, auch eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen für eine organisierte Früherkennung, wie sie für Brustkrebs existiert, ist nicht in Sicht. Torsten Bauer, Lungenexperte am Berliner Helios-Klinikum Emil von Behring, weist darauf hin, dass die beste Vorsorge noch immer der Verzicht aufs Rauchen ist. Schließlich gehen 85 Prozent der Lungenkrebsfälle auf Tabakkonsum zurück. Wer nicht raucht, braucht auch keine Früherkennung.
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