Was WISSEN schafft: Räumt endlich auf da oben
Weltraumschrott bedroht Satelliten – das hat böse Folgen.
Stoisch zieht Iridium-33 seine Bahn. Seit elf Jahren schon macht der US-Kommunikationssatellit seinen Job, etwa die Übertragung von Telefongesprächen. Plötzlich kracht es gewaltig, von links ist Kosmos-2251, ein ausgedienter russischer Satellit, herangeschossen. Totalschaden auf beiden Seiten. Der spektakuläre Crash, der sich fast auf den Tag genau vor fünf Jahren ereignete, gilt bisher als Ausnahme. In Zukunft aber wird es häufiger solche Kollisionen geben, warnen Experten.
Im Januar veröffentlichte der wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses einen Bericht, wonach die Zahl der Schrottteilchen bedrohlich zunimmt. Selbst kleine Splitter sind gefährlich, denn sie sind verdammt schnell unterwegs. So wird beim Treffer eines zentimetergroßen Partikels so viel Energie frei wie bei der Explosion einer Handgranate. Sogar millimetergroße Bruchstücke können Schäden verursachen. Inzwischen gibt es so viele von ihnen, dass in bestimmten Flughöhen jeder Satellit im Schnitt alle drei Jahre von so einem Millimeter-Geschoss getroffen wird. Erfolgt der Einschlag im Solarpaneel, ist das zu verkraften. Wird ein Messgerät demoliert, ist die ganze Mission gefährdet. Weitaus dramatischer sind Einschläge durch größere Fragmente, etwa vom Format eines Apfels. Sie führen ziemlich sicher zum Totalausfall von Satelliten – mit gravierenden Folgen für das Leben auf der Erde. Schließlich sind die fliegenden Hightechkisten längst unersetzbar für Wettervorhersage, Navigationsgeräte und Telefonie.
Besonders vermüllt ist die beliebte Flugbahn in rund 800 Kilometern Höhe. Die Trümmer von Iridium und Kosmos, aber auch die eines Wettersatelliten, den China 2007 gezielt mit einer Rakete beschossen hatte, haben die Zahl der Partikel um ein Drittel erhöht. Weniger werden es sicher nicht, denn Objekte in dieser Höhe benötigen rund 200 Jahre, bis sie zur Erdatmosphäre abgesunken sind und dort verglühen. Im Gegenteil: Durch weitere Starts reißt der Nachschub an potenziellem Schrott nicht ab. Zudem stoßen immer wieder einzelne Fragmente zusammen, die eine Vielzahl kleinerer Partikel hinterlassen, die ihrerseits neue Kollisionen herbeiführen.
Manche Experten fürchten, dass die kritische Menge bereits überschritten ist. Demnach würde allein durch die Kaskadeneffekte der 800-Kilometer-Orbit schleichend so stark vermüllt, dass er eines Tages nicht mehr genutzt werden kann. Es sei dahingestellt, ob die Lage wirklich so katastrophal ist. Dennoch ist es dringend nötig, die Müllmenge zu reduzieren. Bereits heute müssen Satelliten und die mit sechs Astronauten besetzte Internationale Raumstation regelmäßig Schrottteilen ausweichen.
Die Raumfahrtagenturen Europas und die Nasa haben sich deshalb auf einige Regeln verständigt. Beispielsweise sollen alle Raumfahrzeuge so gebaut werden, dass sie nach ihrem Missionsende binnen 25 Jahren in die Erdatmosphäre zurückkehren – wo sie hoffentlich vollständig verglühen oder zumindest keine menschlichen Siedlungen treffen. Ob sich alle an die freiwilligen Vereinbarungen halten, steht auf einem anderen Blatt. Vor allem junge Raumfahrtnationen haben oft andere Sorgen. Verbindliche Regeln im internationalen Weltraumrecht würden das ändern, doch die stehen buchstäblich noch in den Sternen.
Umso wichtiger wird die zweite Methode, das aktive Entfernen von ausgedienten Satelliten oder Raketenoberstufen. Ideen gibt es viele, von „kosmischen Fischernetzen“ bis zu Satelliten, die „unkooperative Objekte“ mit einem Roboterarm ergreifen und nach unten bugsieren. Japanische Forscher wollen in diesem Monat ein weiteres Verfahren testen, zumindest dessen Grundlagen. Das Prinzip: Ein Servicesatellit befestigt ein leitfähiges Seil an einem Stück Weltraumschrott. Durch Wechselwirkungen mit dem Erdmagnetfeld sollte das Gespann abgebremst werden, bis es verglüht.
Neben den technischen Schwierigkeiten, die es bei allen Konzepten gibt, tun sich weitere Probleme auf. So gehören die Schrotthaufen nach wie vor der startenden Nation, sie können nicht einfach einkassiert werden. Und die kosmische Putztruppe muss finanziert werden. Es wäre nur fair, das auf mehrere Länder zu verteilen. Doch ob es dafür wirklich Geld gibt? Dazu muss es vermutlich noch ein paar mehr verheerende Treffer geben.
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