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Götz George.
© dpa

Götz George spielt seinen Vater Heinrich: Pompös verklemmt

Erst auf Arte, dann um 21 Uhr 45: Mit dem Film „George“ treibt die ARD treibt doppelten Geniekult - aber traut sich nicht.

Dieser Fernsehfilm ist im Grunde: eine moralische Erpressung. Es ist der ambitionierte Versuch, alle Fragen der historischen und persönlichen Verstrickung eines Künstlers in die NS-Diktatur nicht unbefangen zu stellen. Denn „George“, das Großprojekt der ARD, das Mittwochabend im Ersten läuft, macht von vorneherein alle befangen.

Die Doku-Fiktion „George“ ist ein Geburtstagspräsent für den gerade 75 gewordenen Schauspielersohn Götz George. GG stellt darin sich selber dar und mit Bart und künstlichem Bauch auch Leben und Rollen seines Vaters Heinrich George. Und so steht der Sohn, der den übergroßen Vater nur in früher Kindheit erleben konnte, heute am Lagertor und in der Leichenhalle, wo Heinrich George 1946 im ehemaligen KZ Sachsenhausen in russischer Haft gestorben ist. Entkräftet, an gebrochenem Herzen.

Wie soll in dieser für den spielenden Sohn wie auch für den Zuschauer beklemmenden Situation noch so etwas wie ungeschminkte Wahrheitssuche möglich sein?

Götz George verehrt seinen Vater und die Mutter Berta Drews, die selber Schauspielerin war und ihrem Mann unendlich ergeben, über die Maßen. Das ist sein gutes Recht. Aber Kinder sind alles, nur keine gerechten Richter. So wenig wie ihre Eltern.

Heinrich George war einer der prominentesten Theater- und Filmakteure der Weimarer Republik, war ursprünglich auch Kommunist und hat beim Machtantritt der Nazis sehr schnell die Seiten gewechselt. Vom „Hitlerjungen Quex“ reicht die Liste seiner Filme bis hin zum Schandwerk „Jud Süß“ und kurz vor 1945 noch zum Durchhalte-Epos „Kolberg“ (Georges Gage: 150 000 Reichsmark; da ließen sich heute vergleichsweise ein bis zwei Nullen anhängen).

Anders als es der Film „George“ mit betroffenem Sohn und melodramatischem Flor suggeriert, war dieser George weder ein Umarmungsopfer des Propagandaministers Joseph Goebbels, noch war er selber nur blindlings vom „Spielen“ besessen. Der massige Mann war auch ein vitaler Lebemensch, in Saus und Rausch – während andere litten und starben. Als Opportunist und Künstler dabei viel ungebrochener als etwa Gustaf Gründgens, der wahre „Jahrhundertspieler“.

Nun treibt die ARD mit Heinrich und Götz George einen doppelten Geniekult. Sendet „George“, den Zweistundenfilm, aber erst um 21 Uhr 45, nach der Wiederholung einer älteren „Tatort“-Schimanski- Folge. Ein seltsames Geburtstagsgeschenk für den teuersten Schauspieler des deutschen Fernsehens. Pompös verklemmt. Das frische Original erst nach der Reprise.

So trauen sich die Öffentlich-Rechtlichen wieder einmal nicht selbst. Einerseits haben sie für „George“ über GG hinaus einen Starreigen aufgeboten: von Martin Wuttke, Samuel Finzi und Burghart Klaußner bis zu Thomas Thieme. Dennoch wagt man dieses Historiendrama, das am Montagabend vorab schon fast eine Million Arte-Zuschauer angezogen hat, nicht zur eigenen Primetime. Quotenfeig und die Schere im Kopf. Da diskutieren sie über „Formate“ und haben so wenig Format.

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