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Das Rathausforum könnte auch schöner gestaltet werden, findet unser Autor.
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Neben dem Humboldt-Forum: In Mitte gäbe es noch ein freies Feld

In Berlin geht es mit dem Schlossbau tatsächlich voran: Deshalb muss endlich auch ein Plan für die Brache auf der anderen Seite der Spree her.

Bisher keine technischen Probleme, kein Zeitverzug, und im Kostenplan – so kann Bauen in Berlin also gehen. Wo vor zwanzig Jahren mit visueller Kraft ein Gerüst mit angemalter Plane die Idee eines neu-alten Schlosses in die Köpfe pflanzte, stehen ein Jahr nach Grundsteinlegung schon zwei Stockwerke des Humboldt-Forums. Welche Kubatur dem in DDR-Zeiten leergeräumten Zentrum künftig als Schlussstein einen städtebaulichen Halt gibt, kann an diesem Sonntag der zum Rundgang eingeladene Souverän erahnen.

Mit den aufstrebenden Mauern einher geht auch eine wachsende Akzeptanz – und zunehmende Spendenbereitschaft – der lange skeptischen Bürgergesellschaft. Das haben übrigens auch die Dresdner beim Projekt Frauenkirche erfahren. Die Probleme liegen weniger bei den Bauschaffenden – abgesehen von immer wieder aufflackernden Querelen um Architekt Franco Stella – als bei der noch sehr unfertig wirkenden Programmatik. Das gilt nicht nur für das Konzept, die außereuropäischen Sammlungen der Berliner Museen zu präsentieren. Auch der aktuelle Hinweis der Schloss-Stiftung, die Zentrale Landesbibliothek – die im Humboldt-Forum ein Sprachenzentrum betreiben soll – könnte nach dem Aus für einen Neubau auf dem Tempelhofer Feld doch auch in Gänze in den angrenzenden Marstall ziehen, irritiert. Das wirkt, als sei sich die Projektgesellschaft nicht sicher, ob sie schon das richtige Konzept hat.

Zwangsläufig aber lenkt der Baufortschritt des Humboldt-Forums den Blick auf die Leere der anderen Spreeseite. Durchaus möglich, dass das Kultur-Schloss 2019 als einsamer Koloss in der Stadtmitte steht, während das Rathausforum gegenüber noch eine öde Brache ist. Im Streit zwischen kleinteiliger Bebauung auf altem Grundriss, großzügigen Freiflächen unterm Fernsehturm oder Bewahrung der DDR-Moderne hat vor allem Senatsbaudirektorin Regula Lüscher auf Zeit gespielt und die Debatte ausgebremst. Noch zum Jahresanfang datierte sie die Planungsphase auf das Jahr 2020. Der von SPD und CDU 2011 im Koalitionsvertrag vereinbarte städtebauliche Wettbewerb lässt noch auf sich warten. Dieser soll nun, wird glauben gemacht, 2015 kommen, nach einem „ergebnisoffenen Beteiligungsprozess“.

Dabei benötigt das herrschaftliche Humboldt- Forum auf der anderen Spreeseite als Gegengewicht ein bürgerliches Stadtensemble. Die CDU, die eine Anknüpfung an die historische Stadt favorisiert, hat das hinhaltende Verfahren zähneknirschend begleitet. Inzwischen wird aber auch in der SPD zunehmend die planerische Leerstelle und das fehlende Leitbild kritisiert. Der SPD-Fachausschuss, der ausdrücklich „mutige Zielsetzungen“ anregt, möchte das Stadtquartier am Spreeufer neu entstehen lassen, das Marx-Engels-Denkmal permanent von dort entfernen und auch den Neptunbrunnen wieder auf seinen historischen Platz vor das Schloss setzen – was die Senatsbaudirektorin immer abgelehnt hat.

Es scheint, als fänden CDU und SPD in der Stadtmitte allmählich zueinander, an der zuständigen Senatsverwaltung vorbei. Die Zeit drängt. Es wäre eine erneute Pleite vor aller Welt und Berlin endgültig die Metropole der Unfähigkeit, wenn 2019 das Schloss eröffnet und die Landesregierung eingestehen muss, auch 30 Jahre nach dem Mauerfall noch keine städtebauliche Konzeption für das Areal zu haben, auf dem vor 800 Jahren die Stadt gegründet wurde.

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