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Titelheldin. Auf diesem chinesischen Magazincover von 2011 wird Angela Merkel als "Pokerface" bezeichnet.
© p-a

Chinareise der Kanzlerin: Im Reich der Merkel

Angela Merkel gilt in China als verlässliche Partnerin und oberste Vertreterin Europas. Selbst den Empfang des Dalai Lama hat man ihr verziehen.

Chinesen werden Angela Merkel für ihren jüngsten Podcast lieben. Während die Bundeskanzlerin erklärt, warum sie ab Mittwoch für zweieinhalb Tage nach China reist, steht sie vor einer chinesischen Flagge und einem überdimensionierten chinesischen Schmuckstück. Eine deutsche Flagge ist nicht in Sicht, nirgendwo. Spräche Angela Merkel ihren Text nun auch noch auf Chinesisch, könnte sie sich wahrscheinlich im Herbst bei der Kommunistischen Partei Chinas für den frei werdenden Posten als Generalsekretärin bewerben.

Chinesen schätzen freundliche Symbolik, doch eigentlich hat die Bundeskanzlern Anbiederei nicht nötig. Ihr Bild im Reich der Mitte hat sich ohnehin längst ins Positive gewandelt. Angela Merkel wird als verlässliche und ehrliche Partnerin geachtet und als die entscheidende politische Figur in Europa angesehen. Und das nicht erst seit dem erfolgreichen Abschluss des von ihr initiierten EU-Fiskalpaktes. Die chinesische Zeitung „Global Times“ druckte am Montag eine Karikatur mit dem Titel „Ein bisschen Hilfe?“, in der Angela Merkel den angeschlagenen Euro an die Hand nimmt und als Bittstellerin an die chinesische Pforte klopft. Nicolas Sarkozy ist nicht zu sehen. Auch wenn die chinesische Regierung etwas über die finanzpolitische Situation des Euro-Raumes erfahren will, wenden sich ihre Vertreter vor allem an deutsche Diplomaten.

Bei ihrer aktuellen Chinareise wird die Kanzlerin nicht nur in Peking mit dem chinesischen Premierminister zusammentreffen, Wen Jiabao wird sie auch auf ihrer Reise nach Guangzhou begleiten, ein Zeichen der hohen Wertschätzung, die Merkel und Deutschland im Reich der Mitte genießen.

Das war nicht immer so. Als die Bundeskanzlerin 2007 den Dalai Lama im Kanzleramt empfangen hatte, reagierte nicht nur das offizielle China empört. Die Zeitschrift „Huanqiu“ wählte ein äußerst unfreundliches Titelbild von ihr, die Zeitschrift „Liaowang“ wunderte sich über die „Mysterien von Merkels China-Politik“. Kein Vergleich zu dem wirtschafts- und chinafreundlichen Gerhard Schröder, fanden die Chinesen damals.

Fünf Reisen und eine Regierungskonsultation später wissen sie zu schätzen, was sie an Merkel haben: eine kritische, aber zuverlässige Partnerin. Das ist für die chinesische Regierung besonders wichtig in Zeiten, in denen ihr Verhältnis zu den USA mit wachsenden wirtschaftlichen und politischen Spannungen belastet ist. Zwar ist auch die Beziehung zu Deutschland belastet, das Thema Menschenrechte ist für die Kanzlerin weiterhin wichtig. Doch die wirtschaftlichen Interessen beider Seiten übertünchen diesen Dissens. Zuletzt hat die chinesische Seite offenbar gar nicht mehr erwähnt, über das Thema Menschenrechte nicht sprechen zu wollen. Womöglich, weil sie weiß, dass das bei Angela Merkel kaum möglich ist?

In der chinesischen Bevölkerung besitzt Angela Merkel sogar seit ihrer Nanjingreise 2007 ein gutes Bild. Damals empfanden es viele Chinesen als vorbildlich, dass sie im Hotel auf die teure Präsidentensuite verzichtet und sich beim Buffet in die Schlange eingereiht hat. Von ihrer eigenen politischen Klasse sind sie so ein Verhalten nicht mehr gewohnt.

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