Porträt Dan Coats: "Ich gehe mit Herz und Seele in den Kampf"
Die Unwägbarkeiten in der US-Politik eröffnen nun einem Republikaner, der vielen Deutschen bekannt ist, den Weg in den Senat: Dan Coats, von 2001 bis 2005 Botschafter in Berlin. Von 1989 bis 1998 war er bereits Senator des Staats Indiana. Nun will er seinen alten Sitz zurückerobern. Derzeit hat ihn noch der Demokrat Evan Bayh inne. Ein Porträt.
Es wird vielleicht eines der spannendsten Wahljahre in der US-Geschichte. Nichts erscheint mehr unmöglich, seit die Demokraten die Wiederwahl für Ted Kennedys Senatssitz in Massachusetts verloren haben. Auf welche politischen Gesetze ist noch Verlass? Die Unwägbarkeiten eröffnen nun einem Republikaner, der vielen Deutschen bekannt ist, den Weg in den Senat: Dan Coats, von 2001 bis 2005 Botschafter in Berlin. Von 1989 bis 1998 war er bereits Senator des Staats Indiana. Nun will er seinen alten Sitz zurückerobern. Derzeit hat ihn noch der Demokrat Evan Bayh inne.
Wäre 2010 ein normales Wahljahr, hätte Coats nur Außenseiterchancen. Amtsinhaber Bayh ist ein Schwergewicht. Um ein Haar wäre er Obamas Vizepräsident geworden. Sein Name erweckt Vertrauen in Indiana. Schon Vater Birch Bayh war ein beliebter Senator – und Evan ein populärer Gouverneur, ehe er 1998 in den Senat wechselte. Zudem hat er 13 Millionen Dollar in der Wahlkampfkasse, Coats muss bei null anfangen.
Doch 2010 fällt aus der Reihe. Nie zuvor haben die Meinungsforscher eine derart starke Washington-Ablehnung gemessen. Die hohe Arbeitslosigkeit und die Reduzierung staatlicher Leistungen angesichts der öffentlichen Verschuldung verstärken landesweit die Stimmung, dass die Politiker in der Hauptstadt so ziemlich alles falsch machen und Sonderinteressen statt dem Gemeinwohl dienen. Der Reflex richtet sich gegen fast jeden, der ein Mandat in Washington hat. Nur 36 Prozent wollen ihren aktuellen Abgeordneten oder Senator im Herbst wiederwählen.
Coats ist zwar auch ein Insider. Zudem hat er seit der Rückkehr aus Berlin in seinem alten Beruf als Rechtsanwalt Lobbyismus für verschiedene Konzerne betrieben. Lobbyisten haben generell ein noch niedrigeres Ansehen als Banker oder Journalisten. Doch der Ruf, ein Amtsinhaber in Obamas Washington zu sein, wiegt jetzt offenbar noch schwerer. Kaum hatte Coats seine Kandidatur erklärt – „ich gehe mit Herz und Seele in diesen Kampf“ –, stuften Wahlforscher das Rennen um den Sitz von „solid demokratisch“ auf „tendenziell demokratisch“ zurück. Wenige Tage später erklärte Bayh, er trete nicht wieder an. Er sei amtsmüde wegen der Blockade im Senat, sagt er. Vielleicht will er aber auch in der Präsidentschaftswahl 2012 gegen Obama antreten, falls dessen Stern weiter sinkt, spekulieren US-Medien. Dan Coats ist unverhofft auf der Siegesstraße. Christoph von Marschall
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