Porträt Tony Blair: „Ich ehre die Opfer der Streitkräfte“
Großbritanniens Ex-Premier Tony Blair veröffentlicht am Mittwoch seine Memoiren. Das Timing ist perfekt.
Während am Mittwoch die Briten vor den Buchläden wegen Tony Blairs Memoirenband „Die Reise“ Schlange stehen, wie die Verlagschefin hofft, oder sich den Protesten gegen den „Lügner Bliar“ anschließen, wie Irakkriegsgegner erwarten, widmet sich der Mann selbst in Washington der Friedensstiftung: erst Nahostverhandlungen, dann Dinner bei Obamas im Weißen Haus. Als Sondergesandter des Nahostquartetts ist Tony Blair da unabkömmlich. Aber es wird den Absatz des Buches dort steigern, wo der Ex-Premier am beliebtesten ist, in den USA, und ihn dort aus dem Schussfeld nehmen, wo er am umstrittensten ist, daheim.
Von DC geht es zur Autogrammstunde nach Dublin: Der Nordirlandfrieden als die unbestrittene Heldentat Blairs soll eine besondere Rolle in den Memoiren spielen. Über den restlichen Inhalt ist nichts bekannt. Es gab keine Vorabdrucke, keine Rezensionsexemplare. Die Zeitungen förderten nur einige wenige Vorausmeldungen zutage: Präsident Bush soll Blair gedrängt haben, länger im Amt zu bleiben, um den lästigen Brown fernzuhalten. Brown habe sich bei Blair kurz vor seinem Auszug aus der Downing Street für seine Quertreiberei entschuldigt. Blair beschreibe sich als den Ersten, der die Gefahr des globalen Terrorismus erkannte, und sei überzeugt, dass sich die Irakentscheidung geschichtlich als richtig erweisen werde. Alles eigentlich nicht neu.
So konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf den sagenhaften Reichtum Blairs. 40 Millionen Pfund habe er seit seiner Amtsaufgabe verdient, wird behauptet. 130 Mitarbeiter beschäftigt er. Es gibt Tony-Blair-Stiftungen für Glauben, Sport und Klimaforschung. Er berät eine südkoreanische Ölfirma, kuwaitische Prinzen, J. P. Morgan und ließ die Investmentberatung „Firerush“ bei der Finanzaufsicht registrieren. Doch nichts lesen neiderfüllte Briten so gerne wie die Liste der Blair’schen Immobilien, darunter das einstige Landschloss des Schauspielers John Gielgud.
Da kann Blair es sich leisten, den Vorschuss von 4,6 Millionen Pfund und das weitere Honorar für das Buch einer Rehaklinik für verwundete Soldaten zu spenden. „Nehmt das Blutgeld nicht an“, warnten Angehörige im Irak Gefallener, „eine unheimlich großzügige Geste“ nennen es seine Fans, denn nur wenige werden so von Hass, Bewunderung, Neid und Kopfschütteln verfolgt wie Blair. Daran werden auch die Memoiren nichts ändern. Matthias Thibaut