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Buhmann Preetz: Hat er nicht wenigstens eine Chance verdient?
© dapd

Kontrapunkt: Gebt Preetz eine Chance!

Die Kritik an Herthas Manager ist maßlos geworden, findet Lorenz Maroldt. Dabei stand Preetz mal für die Hoffnung auf eine neue Hertha, weltoffener, frischer, fröhlicher und sympathischer. Ein Plädoyer für eine Chance.

Wer Michael Preetz vor ein paar Jahren kennengelernt hat, erkennt ihn heute kaum wieder. Damals wirkte er charmant, eloquent, optimistisch und offen, war erfolgreich und dennoch bescheiden genug, den Aufstieg vom Fußballer zum Manager in einem fünfjährigen Demütyrium unter Dieter Hoeneß zu erleiden. Nach drei Jahren als dessen Nachfolger steht ihm das Leid ins Gesicht geschrieben, er wirkt angespannt, verschlossen, verzweifelt und dürfte zur Zeit einer der unbeliebtesten Berliner sein. Preetz ist an allem schuld, was schiefläuft bei Hertha, so wie einst bei der Bahn, Herthas wichtigstem Sponsor, Hartmut Mehdorn schuld war an allem. Die Missachtung von Preetz ist maßlos geworden, bei allen Fehlern, die er ganz ohne Frage tatsächlich gemacht hat.

Das halbe Hertha-Präsidium, immerhin vierzehn Leute, will, so wird kolportiert, seine Entlassung. Die ganze Stadt, so sie seinen Namen kennt, will sie auch. Preetz steht für Pannen und Peinlichkeiten, und deshalb soll er weg.

An der Teert-und federt-ihn– Stimmung bleiben auch verblasste Figuren aus einer früheren Fußballwelt kleben, deren Berufsbezeichnung nur Ex-Profi lautet. Michael Sziedat ist so einer, einst war er mit Hertha Vizemeister, zweimal mit Hertha im Pokalfinale, abgestiegen mit Hertha 1980 – und dann ab nach Frankfurt geflüchtet. Irgendwann vor ein paar Jahren war es mal eine kleine Geschichte wert, dass Sziedat ältere Kundinnen des familieneigenen Friseursalons in Zehlendorf mit dem Smart zum Lockenwickeln abholt. Aber jetzt, in dieser Lage, fühlt er sich berufen, fürs Präsidium zu kandidieren, und seine präkandidatöse Bewerbungsrede hielt er standesgemäß in der „B.Z.“: Die Außendarstellung des Vereins sei eine Katastrophe, ganz Deutschland lache sich über Hertha tot, der Verein stehe im Ansehen weit hinter Paderborn, und es sei leider festzustellen: „Michael Preetz kann es einfach nicht!“

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Wenn die Michael Sziedats dieser Stadt Herthas Zukunft sind, dann ist die traurige Gegenwart noch das Schönste, was der Verein für lange Zeit zu bieten haben wird. Das allein wäre kein Grund, mit allen Mitteln an diesem Manager festzuhalten, wie es der Präsident Werner Gegenbauer tut. Doch Preetz, daran kann man schon noch mal erinnern, stand, als er anfing, für die Hoffnung auf eine neue, andere Hertha, weltoffener, frischer, fröhlicher und sympathischer. Heute aber finden selbst Manager aus anderen Clubs nur selten freundliche Worte für Preetz – sie halten ihn für kaum kollegial.

Preetz muss sich ändern. Aber wie soll er das können? Seit seiner Amtsübernahme begleitet ihn eine generelle Schuldvermutung. Die Trennung von Lucien Favre, als es nach einem berauschenden Jahr schließlich abwärts ging: Es war ein anderer Favre damals als der Gladbachtrainer von heute. Favre machte Probleme, hatte Probleme – die Trennung von ihm war zwangsläufig, aber nicht zwangsläufig falsch. Der Abstieg mit Friedhelm Funkel: Wen sonst hätte Preetz damals holen sollen? Aber getan wurde so, als ob es Preetz war, der das Tor nicht traf. Der Neuaufbau einer guten Aufstiegsmannschaft wurde dagegen nur Markus Babbel zugute geschrieben.

In der Lügenaffäre glaubten die meisten auch lieber Babbel, nur so ein Gefühl. Dann Michael Skibbe zu holen, war schon ein krasser Fehler. Ihn wieder rauszusetzen, dann aber richtig. Otto Rehhagel? Jedenfalls originell. Hertha unter Preetz ein Verein ohne Philosophie, wie Jogi Löw meint? Das mag ja sein, aber wie viel, wie wenig Zeit hat man ihm denn gegeben? Der Kampf am grünen Tisch um ein drittes Spiel in der Relegation? Hat Hertha nicht beliebt gemacht, aber darauf kommt’s zwischen zwei Ligen nun wirklich nicht an. Weiter mit Jos Luhukay? Den hätten andere auch gerne gehabt. Hertha hat ihn bekommen. Gebt Preetz eine Chance! Er ist besser als sein Ruf.

Lorenz Maroldt

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