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Wer die Sprache kann, soll kommen können.
© dpa

Integration, Ehe und Recht: Für sich sprechen

Ein Deutsch-Sprachtest erschwert seit Jahren das Zusammenleben von Ehepaaren in Deutschland. Nun entscheidet der Europäische Gerichtshof, ob die deutschen Vorschriften gegen das Recht auf Freizügigkeit und Familienzusammenführung verstoßen.

Ist das fair? Ist das rechtens? Ein Mann liebt eine Frau, die Frau liebt den Mann. Sie sind verheiratet und wollen zusammen wohnen, hier im Land. Weder der Mann noch die Frau sind Bürger der Europäischen Union. Einer der beiden lebt hier, der andere weit weg, meist in Übersee. Ehe sie ihre Ehe hierzulande leben dürfen, muss der Partner im Ausland nachweisen, dass er oder sie sich „auf einfache Art mündlich und schriftlich in Deutsch verständigen kann“. Erst dann wird das „Visum für den Ehegattennachzug von Drittstaatsangehörigen“ erteilt. Ist der „nachzugswillige Ehegatte“ bzw. die Ehegattin Analphabet, und kann sie oder kann er auf Deutsch vielleicht nicht einmal „Guten Tag“ sagen, hat die Liebe hier im Land keine Chance. Seit 2007 ist das die Gesetzeslage, gegen die unter anderem der Verband binationaler Familien- und Partnerschaften protestiert.

Ob diese Regelung rechtens ist, wird an diesem Donnerstag der Europäische Gerichtshof entscheiden. Es geht darum, möglichst auszuschließen, dass illiterate, sozial unmündige Bräute für Schein- und Zwangsehen „importiert“ werden. In Deutschland herrscht Schulpflicht. Auch noch so patriarchal gesonnene Familien müssen ihre Söhne und eben auch Töchter zur Schule schicken. Und selbst bei intensiver „Schulferne“, wie das Schulschwänzen in der Bürokratensprache genannt wird, wird sich ein junges Mädchen so weit verständigen können, dass sie sich notfalls allein durchschlagen kann. Sie kann für sich sprechen und ist nicht darauf angewiesen, den Mann für sie sprechen zu lassen. Will ein Mann jedoch eine unterordnungswillige Frau, muss sie aus rückständigeren Territorien herbeigeholt werden. Auf diese Praxis machen seit langem etwa deutsch-türkische Feministinnen wie Necla Kelek und Seyran Ates aufmerksam.

Seit 2007 pilgern nachzugswillige Ehepartner zu den Goethe-Instituten in ihren Ländern, um für die Sprachprüfung zu pauken, sozusagen den Segelschein für die Reise nach Deutschland. Für viele sei das zu teuer, beanstanden die Lobbyisten der Nachzugswilligen. Kurskosten, Lernmaterial und die Unterbringung in der Nähe eines Goethe-Instituts: Damit filtere man die Wohlhabenderen heraus. Ja, das ist unfair. Aber den Sinn des Gesetzes tasten diese Umstände nicht an. Vielmehr muss anders Abhilfe geschaffen werden. Für die Institute ließe sich ein Sozial-Kontingent schaffen, das nach einer Prüfung von Härtefällen die Kosten erstattet und so die Hürde niedriger hängt. Was dabei ausgegeben wird, spart man im Zweifel später bei den Kosten für Gerichte, Frauenhäuser, Familienhelfer und so fort. Eine solche Härtefallhilfe würde nicht die Welt kosten – aber den Betroffenen die Tore zu der Welt öffnen, in die sie einreisen wollen.

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