Fernsehinterview mit Margot Honecker: Friedler: "Ich hatte einfach Reporterglück"
Akribie, Neugier und ein langer Atem: Der Autor und Regisseur Eric Friedler hat Margot Honecker interviewt. Durch seine Dokumentationen wird Geschichte verlebendigt.
Margot Honecker ist immer noch mächtig. Die Witwe des letzten Diktators auf deutschem Boden schafft es, dass die ARD die „Tagesthemen“ an diesem Montag statt um 22 Uhr 15 eine Viertelstunde später beginnen lässt. Da endet die Dokumentation „Der Sturz – Honeckers Ende“. Margot Honecker gibt darin nach mehr als 20 Jahren wieder ein Fernsehinterview. Die einst mächtigste Frau der DDR spricht mit dem Autor und Regisseur Eric Friedler. „Nach zwei Jahren und vielen vergeblichen Versuchen hatte ich einfach Reporterglück“, sagt er.
Der lange Atem ist eine Tugend des Dokumentarfilmers. Natürlich gehören auch Akribie, Neugier, die Prominenz der Fakten vor jeder Fiktion dazu. Doch beim Leiter der NDR-Abteilung Sonderprojekte für Dokumentarfilm und Dokudrama ist jeder Blick in die Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts mit einem Link in die Gegenwart verknüpft. Siehe die verkapselte Frau Honecker, siehe „Das Schweigen der Quandts“, jenes Journalisten-Glanzstück von 2008 über die Verstrickungen der Industriellenfamilie in der Nazizeit, das zu öffentlichen Diskussionen führte, den Clan zu Stellungnahme und Aufarbeitung herausforderte.
Der gebürtige Australier Friedler stellt bevorzugt Fragen an die deutsche (NS-)Geschichte, doch ist der 40-Jährige nicht das ARD-Pendant zum ZDF-Hitleristen Guido Knopp. 2010 konzipierte, recherchierte und inszenierte Friedler „Aghet – Ein Völkermord“. Die 90 Minuten rekonstruieren den Genozid an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs. Bis zu 1,5 Millionen Menschen starben im Osmanischen Reich. Dieser Völkermord wird bis heute von der Türkei als historische Tatsache nicht anerkannt. Friedlers Arbeit zieht ein Materialpuzzle aus tausendundeinem Stück zusammen, und wie stets legt er die Motivfrage drüber: Warum schwieg, warum schweigt die Welt (warum schwiegen, warum schweigen die Quandts)?
Das Gestern ins Heute zu holen, nimmt der Nicht-nur-Dokumentarist – Friedler hat den ersten Hamburger „Tatort“ mit Mehmet Kurtulus als türkischstämmigem Kommissar mitentwickelt – Anleihen bei der fiktionalen Empathie. Bei „Aghet“ spricht ein exquisites Schauspielerensemble die Zeugnisse der Beobachter und Opfer des Genozids. Geschichte wird verlebendigt. Oder ist noch lebendig in der Person von Margot Honecker. Sie ist 84. Aber selbst Diktatoren-Witwen haben nicht das ewige Leben.
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