Porträt: Ex-SPD-Bundestagsabgeordneter Jörg Tauss: „Drei Jahre mundtot – Irrtum!“
Vor drei Jahren wurde die Immunität des damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss aufgehoben. Der Verdacht, er habe kinderpornographisches Material besessen, sollte sich bewahrheiten. Inzwischen liegt Tauss mit seinem früheren Arbeitgeber, der IG Metall, im Rechtsstreit um seinen Job.
Für Jörg Tauss ist es fast so etwas wie ein kleines Jubiläum. Drei Jahre ist es her, dass der Bundestag die Immunität des damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Tauss aufhob. Der Verdacht, er habe kinderpornografisches Material besessen, sollte sich bestätigen: Insgesamt 102 Fälle sah das Landgericht Karlsruhe im Mai 2010 als erwiesen an. Das Urteil, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zur Bewährung, wurde im August desselben Jahres rechtskräftig, da der Bundesgerichtshof die Revision von Tauss, zu dieser Zeit schon Ex-MdB, als „offensichtlich unbegründet“ verwarf.
Im Rückblick, auf seiner Internetseite tauss-gezwitscher.de veröffentlicht, erscheint der Expolitiker noch immer so wütend, als sei alles erst ein paar Tage her. Er empört sich über eine „völlig durchgeknallte wie öffentlichkeitsgeile Karlsruher Staatsanwaltschaft“. Jedes Mittel sei recht gewesen, um einen „unbequemen Abgeordneten“ über Videos und Bilddateien auf dessen Handy und drei DVDs stolpern zu lassen, eine „Justizposse“. Seinen Exkollegen im Bundestag attestiert er „Feigheit“. Kämpferisch schleudert er „jenen Leuten aus Politik und Medien“, die glaubten, ihn „mit kinderpornografischen Anspielungen“ mundtot machen zu können“, ein „Irrtum!“ entgegen.
Ähnlich hartnäckig zieht Tauss auch gegen die IG Metall zu Felde. Bis zu seiner Wahl in den Bundestag 1994 hatte er als Pressesprecher in Baden-Württemberg gearbeitet, die Gewerkschaft hatte das Arbeitsverhältnis nur ruhen lassen. Aufgelöst wurde es im Sommer 2010, doch Tauss beschritt den Klageweg. Die ersten Prozesse beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main und beim Landesarbeitsgericht Hessen gingen nicht gut für ihn aus. Beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt läuft ein sogenanntes Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Tauss versichert, es gehe ihm nicht um eine höhere Abfindung. Die IG Metall habe ihm 80 000 Euro geboten, "die will ich nicht". Beim Prozess gehe es um "ganz grundsätzliche Fragen des Tendenzschutzes", sagte er dem Tagesspiegel. Das Gericht wird voraussichtlich im Frühjahr entscheiden.
Regelmäßig kommentiert Tauss die Netzpolitik im Netz, doch sein Gastspiel bei der Piratenpartei verlief glücklos. Nach der erstinstanzlichen Verurteilung trat er aus, mit einem neuen Aufnahmeantrag blitzte er 2011 ab. Für den Bundesparteitag im Dezember in Offenbach ließ er sich als Journalist eines Internetportals akkreditieren. Nach der Piraten-Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen warnte er seine Interims-Parteifreunde vor „purer Sozialromantik“.