Peter Altmaier zum EFSF-Gesetz: "Es geht um mehr als zwei Stimmen"
Die Euro-Rettung hat Altmaier zum derzeit wichtigsten Helfer werden lassen. Als Europäer alter Schule kann er glaubwürdig dafür eintreten, dass bei der Rettung Griechenlands weit mehr auf dem Spiel steht als Milliardenbeträge.
Es gibt kulturelle Missverständnisse, die sind offenkundig unvermeidlich. Als Peter Altmaier neulich der BBC in London ein Interview zum Stand der deutschen Euro-Rettung gab, wurde er als Angela Merkels „Chief Whip“ vorgestellt. Technisch war das korrekt: Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion ist wie sein britisches Gegenstück im Unterhaus der Mann, der die Mehrheiten zu sichern hat. Aber „Erster Einpeitscher“ – nein, ein Peitschenschwinger, der skeptische Kollegen zum Handaufheben zwingt, ist der Saarländer nun wirklich nicht.
Altmaier liegt die Überzeugungsarbeit mehr. Die funktioniert oft sogar effektiver als die Peitsche der Fraktionsdisziplin. Das hängt mit dem fröhlich-optimistischen Gemüt des Mittfünzigers zusammen (welcher herzlose Kerl wollte diesem wohlbeleibten Genussmenschen einen Gefallen verweigern), aber vor allem mit seiner intellektuellen Redlichkeit. Wenn er von etwas nicht restlos überzeugt ist, merkt man das. Wenn er dann Argumente dafür aufführt, weshalb das konkrete Übel aber immer noch das kleinere sei, gemessen an der Alternative, wirkt das allemal glaubhafter als verbissen vorgespielter Glaubenseifer.
In Sachen Euro-Rettung hat er es freilich einfach. Altmaier ist Europäer von Herzen, Verstand und Erfahrung. Der Jurist hat als Beamter bei der EU-Kommission gearbeitet, bevor er 1994 in den Bundestag einzog. Er gehörte rasch zu den führenden Köpfen jener „jungen Wilden“, die Helmut Kohl mit dem Ruf nach aktiver Zuwanderungspolitik und frühen Kontakten zu den Grünen nervten und später zu Merkels Fußtruppen wurden. Heute sitzen die Kumpels von damals – Röttgen, Pofalla, Gröhe, Klaeden – an zentralen Stellen in Merkels Partei- und Regierungsgefüge.
Die Euro-Rettung hat Altmaier zum derzeit wichtigsten Helfer werden lassen. Als Europäer alter Schule kann er glaubwürdig dafür eintreten, dass bei der Rettung Griechenlands weit mehr auf dem Spiel steht als Milliardenbeträge. Als listiger Parlamentsjurist hat er schon sehr früh vorsichtshalber vorgerechnet, dass die schwarz-gelbe Kanzlermehrheit für den Euro- Rettungsschirm unnötig sei: Das EFSF-Gesetz sei ein normales Gesetz, dafür reiche die normale Mehrheit – und über die verfügen Union und FDP mit ihren 40 Stimmen Vorsprung reichlich. Im Grunde aber war er damals schon recht sicher: Am Ende wird die Zahl der Verweigerer sehr überschaubar sein.