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Jill Stein ist Präsidentschaftskandidatin der Grünen in den USA.
© Reuters

Porträt Jill Stein: „Ein Hohn für die Demokratie“

Kaum jemand kennt sie, doch Jill Stein will Präsidentin der USA werden. Dabei schreckt sie auch vor außergewöhnlichen Methoden nicht zurück.

Wer hat schon mal gehört von Rocky Anderson, Virgil Goode, Gary Johnson, Jill Stein? Das sind bedeutende Leute, jedenfalls scheint es so, wenn man ihre derzeit wichtigste Funktionsbezeichnung hinzufügt: Präsidentschaftskandidat in den USA. Sie treten für Splittergruppen wie die Justice Party, die Constitution Party, die Libertarian Party an. Ihre Chancen auf einen Wahlsieg sind null. Deshalb spricht auch niemand über sie. Das Rennen machen Barack Obama und Mitt Romney unter sich aus.

Wie aber soll man bekannt werden, wenn einen die Medien ignorieren? Jill Stein, die Präsidentschaftskandidaten der Grünen Partei – ja, auch die gibt es in den USA, was freilich nicht vielen Zeitgenossen bekannt sein dürfte – gibt darauf ihre eigene Antwort: Kalkulierter Regelbruch soll sie in die Schlagzeilen bringen. Diese Strategie ist in Europa bis heute populär und gilt manchen sogar als legitim. Auch in den USA wurde sie immer wieder erprobt, stößt aber auf wenig Zustimmung. Die Mehrheit meint, Regeln dienen dem Interessenausgleich; wer sie verletze, sei ein Egoist, der seine eigenen Anliegen über die Rechte anderer stelle.

Jill Stein findet es unfair, dass nur Obama und Romney an den Fernsehdebatten der Präsidentschaftskandidaten teilnehmen dürfen. Das sei eine Verhöhnung der Demokratie. Die Regeln für die Debatten bestimmt die Commission for Presidential Debates, eine überparteiliche, regierungsunabhängige Organisation. Wer teilnehmen will, muss in mindestens fünf nationalen Umfragen auf Zustimmungswerte von 15 Prozent kommen. Jill Stein und die Grünen schaffen im besten Fall ein bis zwei Prozent.

Am Dienstag versuchte sich die 62-jährige Ärztin Zugang zum Ort der Debatte zwischen Obama und Romney in der Hofstra-Universität zu verschaffen, natürlich gewaltfrei. Sie ist eine sanfte und zierliche Person, hat in Harvard Medizin studiert und engagiert sich in ihrer Freizeit für zivilgesellschaftliche Anliegen wie soziales Verantwortungsgefühl und faire Wahlabläufe. Ordner stoppten sie und baten sie, das Gelände zu verlassen. Das wollte sie nicht. Sie gab eine improvisierte Pressekonferenz. Man nahm sie fest. Während die Debatte lief, war Stein auf dem Polizeirevier. So weit verlief alles nach ihrem Plan. Wenigstens ein paar Medien berichteten – über die Festnahme, nicht über die inhaltlichen Ziele der Grünen Partei. In Europa fand der Zwischenfall mehr Beachtung als in den USA.

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