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Gerd Appenzeller (neu)
© Mike Wolff

Auf den Punkt: Ein helles Bild

Gerd Appenzeller über Barack Obamas Nobelpreis

Warum jetzt schon? Was hat er denn geleistet? Viele der ersten Reaktionen auf die Nachricht, dass der amerikanische Präsident Barack Obama mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird, klingen so oder ähnlich. In der Tat: Es ist noch kein Jahr her, dass er gewählt wurde, gerade achteinhalb Monate ist er im Amt - reicht eine so kurze Spanne, um diesen Preis schon verdient zu haben? Diesen Preis, der von vielen Menschen als die Krone aller Nobelpreise verstanden wird, denn was gibt es Höheres, als sich um den Frieden unter den Menschen verdient gemacht zu haben?

Es lohnt sich, Unverständnis und Kopfschütteln für den Moment einmal hintan zu stellen und die Begründung des Osloer Komitees zu lesen. Darin heißt es, Obama würde für seine außergewöhnlichen Bemühungen ausgezeichnet, die internationale Diplomatie und die Zusammenarbeit zwischen den Völkern zu stärken und sich für eine Welt ohne Atomwaffen einzusetzen.

Und nun rufen wir uns das Bild der amerikanischen Politik von vor einem Jahr in Erinnerung und vergleichen es mit dem von heute - und wir sehen ein sehr dunkles und ein sehr helles Bild. Die US-Diplomatie der Ära von George W. Bush, das war oft Konfrontation, Dominanzstreben, Überheblichkeit und Missachtung der Vereinten Nationen. Heute sehen wir einen Präsidenten, der erfolgreich das Gespräch mit Russland wieder aufgenommen hat, der um den Dialog werbend vor den UN spricht, der die Welt nicht mehr in gut und böse einteilt, der statt auf ein unilateral denkendes und handelndes Amerika auf eine multilateral eingebundene Nation setzt.

Das alles ist, ja, erst ein Anfang. Aber von wie vielen Hoffnungen ist er begleitet, von wie vielen Sympathien. Ob am Ende ein Erfolg steht, wir wissen es nicht. So wenig, wie wir 1971 das Ende der Ostpolitik absehen konnten, für die Willy Brandt ausgezeichnet wurde. So wenig wir 1926 ahnten, ob es jemals eine dauerhafte Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich geben würde, als Gustav Stresemann und Aristide Briand für ihre Bemühungen darum geehrt wurden.

Der Friedensnobelpreis ist der einzige, der nicht für eine vorzeigbare, in sich abgeschlossene Leistung vergeben wird. Er würdigt eine Perspektive, eine Hoffnung. Obama hat ihn zu Recht erhalten.

Gerd Appenzeller

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