Ausländer-Maut des Alexander Dobrindt: Ein Beschäftigungsprogramm für Bürokraten
Nach sechs Monaten Wartezeit legt Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sein Maut-Konzept vor. Es ist ein plumper Versuch, für ein höchstens in Bayern empfundenes Problem eine massenkompatible Antwort zu finden.
Monatelang hat die Republik auf ein politisches Lebenszeichen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gewartet, hat sich gefragt, welche Akzente er in diesem wichtigen Ressort wohl setzen mag, nachdem seine zumeist blassen Vorgänger, ob Ramsauer, Tiefensee oder Stolpe, die meisten großen Fragen haben liegen lassen.
Nun wissen wir, was für den Oberbayern das drängendste verkehrspolitische Projekt unserer Zeit ist: nicht die Bewältigung des immer schneller anschwellenden Verkehrsstroms, nicht die Eindämmung des wachsenden Lärmproblems, nicht eine Ökologisierung desjenigen Wirtschaftsbereichs, der bislang am wenigsten zum Klimaschutz beigetragen hat. Sondern die Einführung einer Maut für Ausländer auf Deutschlands Straßen – ein Vorhaben, das trotz aller Komplexität nicht verleugnen kann, was es ist: der plumpe Versuch, für ein allenfalls in Bayern empfundenes Problem eine massenkompatible Antwort zu finden.
Obwohl Dobrindt und seine Leute mehr als sechs Monate an dem Plan getüftelt haben, überzeugt die Antwort, die sie nun geben, noch immer nicht. Es bleibt die Sorge, dass sich die Ausländerdiskriminierung per Maut nicht mit EU-Recht verträgt. Der Geist des Gesetzes ist eindeutig: Nur weil jemand aus Schweden kommt, aus Polen oder Österreich, muss er auf deutschen Straßen mehr bezahlen. Die Deutschen dagegen sind fein raus. Das ist aber auch schon alles. Die Maut, wie sie nun vorliegt, wird kaum ein Problem im Verkehrswesen lösen. Dazu sind die Einnahmen einfach zu gering. Dobrindts Vorschlag ist nichts als ein Beschäftigungsprogramm: zuerst für die Regierungsfraktionen und ihre Ränkespiele, dann – sollte das Gesetz eines Tages Wirklichkeit werden – für die Ämterbürokratie. Dabei gilt diese nicht gerade als unterbeschäftigt.
Dobrindts Maut steht für eine Politik, die Ressentiment schürt
In einer Zeit, in der noch immer die Zukunft des europäischen Projektes auf dem Spiel steht, wirft diese CSU-Idee ein sonderbares Licht auf die Deutschen und ihr Bild von Europa. Für ein paar Millionen Euro Straßengebühren von Ausländern werfen sie die fragile Integration auf dem Kontinent ein Stück weit zurück. Ein zusammenwachsendes Europa, in dem Grenzen immer weniger zählen und Brüssel demokratische Macht gewinnt, zum Wohle der Nationalstaaten – für all das steht Dobrindts Maut nicht. Sondern für eine Politik, die das Ressentiment vom vermeintlichen Gerechtigkeitsgefälle gegenüber Ausländern schürt. Ganz unbesehen übrigens der Tatsache, dass nicht ausländische Autos unsere Straßen immer weiter ramponieren – sondern tausendfach mehr Lastwagen dafür verantwortlich sind, ohne die die globalisierte Wirtschaft nicht leben zu können glaubt.
Was wäre ein Verkehrskonzept, das in die Zukunft weist? Die Forderung etwa nach einer gesamteuropäischen Maut, einer, die sich an den gefahrenen Strecken orientiert und so Gerechtigkeit herstellt zwischen Sonntagsfahrern und Kilometerfressern. Der Neidkomplex von Oberbayern und Oberpfälzern wäre damit quasi im Vorbeigehen erledigt gewesen. Aber für ein solches Projekt zwischen Nordkap und Sizilien, zwischen Lissabon und Bukarest fehlt es nicht nur dem Verkehrsminister an Gewicht und Gestaltungswillen, sondern wohl auch seiner Kanzlerin.
Lesen Sie hier auch einen ausführlichen Hintergrund zur Einführung einer Maut.