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International üblich: Journalisten verfolgen im Presseraum den Prozess gegen Anders Breivik per Videoübertragung.
© dpa

NSU-Verfahren: Die Videoübertragung sollte zugelassen werden

Das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz verbietet Aufnahmen zur „öffentlichen Vorführung“. Das macht wenig Sinn: International ist das längst üblich, etwa am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, den die Bundesrepublik anerkannt hat.

Worin liegt die Bedrohung? Weshalb will das Münchner Gericht nicht zulassen, dass der NSU-Prozess per Video in einen Nachbarsaal übertragen wird? Gutachter weisen auf die „Menschenwürde der Verfahrensbeteiligten“ hin. Was würde aus deren Würde, wenn Medienvertreter sie nicht nur direkt im Saal, sondern auch auf einem Monitor sehen könnten? An Internationalen Strafgerichtshöfen in Den Haag sind Videoübertragungen die Norm. Wissenschaftler, Anwälte, Journalisten können sie auch im Netz abrufen. Verstößt diese Praxis gegen die Menschenwürde? Das hätte man in Den Haag längst bemerkt. In München geht es um weitaus weniger. Durch Simultanübertragung sollen sich qualifizierte, akkreditierte Journalisten selbst ein Bild vom Verfahren machen können, statt bei Gewinnern einer Sitzplatzlotterie um Informationen anstehen zu müssen. Ja, das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz verbietet Aufnahmen zur „öffentlichen Vorführung“. Aller Welt zugänglich wäre der NSU-Prozess jedoch noch lange nicht, wenn im Nebensaal kundige Beobachter säßen. Aber die Münchner Posse hätte ein Ende, der Prozess könnte beginnen.

Caroline Fetscher

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