Gespenst der Linkspartei: Die verlogene Unschuld des Kommunismus
Als finstere Realität hat es sich erwiesen, das Gespenst des Kommunismus. Nur eine Linke, die das verstanden hat, kann geistig frei sein.
Manche Vergangenheit ist wirklich vergangen. Wer hat sie erfunden, die Formel von einer Gesellschaft, in der die freie Entfaltung jedes Einzelnen die Bedingung für die freie Entfaltung aller ist? Antwort: Könnte die FDP gewesen sein. Tatsächlich beschreibt das Kommunistische Manifest so seine Endzeitvision. Richtig zugeordnet wird dagegen heute noch die berühmte erste Zeile: „Ein Gespenst geht um in Europa ...“
Als finstere Realität hat es sich erwiesen, das Gespenst des Kommunismus. Der Begriff ist verbunden mit Mauer, Lagern, Millionen Toten. Und mit der größten Heuchelei, auf die sich je eine Willkürherrschaft gestützt hat. Die Instrumentalisierbarkeit des Traums von der großen Befreiung, der Werte von Solidarität oder Menschlichkeit zu den Zwecken hermetischer Politbüros war Bedingung dieser totalitären Macht. Die Rechtfertigung von Unrecht, Gemeinheit und Verrat mittels der Berufung auf das große Ziel gehört untrennbar zur Geschichte des Kommunismus.
War es nicht die Vision vom idealen Endzustand selbst, die ihre Pervertierung zu bösen Zwecken ermöglicht oder provoziert? Wer das verwirft, wer heute den Kapitalismus nicht für das Ende der Geschichte halten will, muss aus dem 20. Jahrhundert zumindest lernen, dass der Weg zum Paradies auf Erden zu oft in der Hölle geendet hat und Befreiungsideen die heikle Eigenschaft haben, sich in gefährliche Waffen verwandeln zu können.
Wer selbst aus den Schulungen einer kommunistischen Partei kommt, wird den Text von Gesine Lötzsch nicht unbedingt für bare Münze nehmen. Ihre Verehrung für Rosa Luxemburg hält sich vermutlich in Grenzen, im Ernst wird sie keinen ihrer hundert Wege zum Kommunismus beschreiten. Die Vorsitzende der Linken macht, wieder vermutlich, die übliche Verbeugung vor dem Ideenfundus ihres Milieus, um ihr halbrealo-sozialistisches Konzept dort besser verkaufen zu können.
Besser allerdings wird die Sache nicht, wenn weniger Überzeugungen als taktische Überlegungen dieser Art die Vorsitzende der Linken geleitet haben sollten. Eher schlimmer. Denn dann wird in ihrem Text der banale Widerschein des bösen Herrschaftsinstruments sichtbar; dann hätte die Vorsitzende der Linken ja einen Tribut an den Ideenterror vom großen Ziel entrichtet.
Als zufälliger Ausrutscher darf Lötzschs Text in keinem Fall durchgehen. In den alljährlichen „Rosa und Karl“-Märschen, der Luxemburg-Verehrung, in der Haltung zu Joachim Gauck bei der Bundespräsidentenwahl, im Entwurf des Grundsatzprogramms zeigt sich immer wieder dasselbe Bedürfnis: das nach Schuldabwehr. Linke Weltverbesserer aller Schattierungen vereint das Lebensgefühl, zum Kreis der besseren Menschen zu gehören. Viele von ihnen haben dazu jede Berechtigung. Die Linke aber ist aus der SED hervorgegangen. Diese unwiderrufliche Tatsache produziert einen Drang zur Wiedergewinnung der linken Unschuld, wie sie ihn gleichzeitig unmöglich macht. An den Gräbern von Liebknecht und Luxemburg ist kein unschuldiger Sozialismus zu finden. Kein Fehler der CDU, keiner der SPD, kein Verbrechen des Kapitalismus lässt die Vergangenheit des Kommunismus vergehen. Geistig frei kann nur eine Linke sein, die das im Innersten verstanden hat.
Tissy Bruns
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