Dritte Amtszeit für Merkel: Die schwäbische Hausfrau gewinnt
Die Kanzlerin kann die Bundestagswahl zu einem Plebiszit für oder gegen gemeinsame Schuldenhaftung in Europa ausrufen. Und deshalb - meint Alexander Gauland - stehen Angela Merkels Chancen für eine dritte Amtszeit ziemlich gut.
Und nun also der Wahlkampf. Schaut man nur auf die Bilanz der schwarz-gelben Koalition, müsste es für Sozialdemokraten und Grüne ein Leichtes sein, Christdemokraten und Liberale von der Macht zu verdrängen.
Die Energiewende – ein teurer Flop; die ewigen Gleichstellungs- und Homo-Ehe-Debatten – eine Anfechtung für die Parteiseele; die Euro-Krise – weiter ungelöst; und die handelnden Personen, mit der Ausnahme der Kanzlerin und ihres Verteidigungsministers – zum Abgewöhnen. Selbst die Kritiker Angela Merkels wünschen ihr ein langes politisches Leben, denken sie an Frau von der Leyen.
Wirtschaftspolitik findet schon lange nicht mehr statt, und dass ausgerechnet der glücklose Guido Westerwelle nun die gesammelte Kompetenz seiner Vorgänger unter europäischen Vorwänden für sich werben lassen möchte, hat einer von ihnen gerade noch rechtzeitig bemerkt. Ein Lindner macht eben noch keinen Sommer und der freidemokratische Rest taugt weder zum Regieren noch zum Wahlengewinnen.
Dass ausgerechnet der Fraktionsvorsitzende der Liberalen das einzige Ass im Ärmel dieser trostlosen Partei ist, sagt mehr über den Zustand des organisierten Liberalismus als alle schlechten Meinungsumfragen. Wenn die Sozialdemokraten dennoch mit Bangen in die Zukunft blicken, so liegt das weniger an der Kanzlerin als an ihnen selbst.
Das beginnt schon mit der Kandidatenfrage. Zwar sind drei nach Adam Riese mehr als einer, aber leider eben auch zwei zu viel. Doch wen nehmen und nicht einbrechen? Dem Vorsitzenden trauen alle alles und gerade deshalb nichts Brauchbares zu, Steinmeier hat schon einmal mit Pauken und Trompeten verloren und für Steinbrück schwärmen zwar alle Nichtparteimitglieder, die der SPD in Wahlen zur Mehrheit verhelfen sollen, nur die Genossen selbst sind zögerlich.
Wird die Bundestagswahl zu einem Plebiszit über Schuldenhaftung?
Schließlich, so geht die innerparteiliche Rede, hatten wir schon zwei Kanzler – Helmut Schmidt und Gerhard Schröder – die keine sozialdemokratische Politik betrieben haben, einen dritten können wir uns nicht leisten. Und neben der Kandidatenfrage droht der europäische Grundsatzstreit. Denn auch traditionell sozialdemokratische Wähler sind von der Aussicht wenig begeistert, erst das gescheiterte Griechenland und demnächst spanische Banken mit deutschen Steuermilliarden zu füttern.
Da mag die SPD – und diesmal auch in Einklang mit dem ungeliebten Helmut Schmidt – noch so sehr über europäische Solidarität und die Gefahr deutscher Großmannssucht dozieren, ihre Wähler sind da viel näher bei der schwäbischen Hausfrau. Und das ist auch die einzige, womöglich entscheidende Stärke der Angela Merkel. Sie kann die Bundestagswahlen zu einem Plebiszit für oder gegen gemeinsame Schuldenhaftung ausrufen und hat dabei größere Gewinnchancen als eine erklärende und differenzierende Opposition.
Sigmar Gabriel hat die Gefahr schon erkannt und flugs die Banken vor die Schießscharte geschoben. Schließlich – so hofft er – sind sie noch unbeliebter als die Schuldenstaaten. Nimmt man alles in allem, sind die Chancen der Kanzlerin für eine weitere Amtszeit also gar nicht so schlecht, wie es ihre trostlose Regierungsbilanz vermuten lassen würde. Um zu gewinnen, muss die SPD über zwei Schatten springen: über den ihrer Vergangenheit seit Ebert und Scheidemann und über den ihrer Furcht vor einem neuen D-Mark- Nationalismus.