EU-Beschluss zu Russland: Die Sanktionen sind riskant, aber ohne Alternative
Angesichts der Ukraine-Krise haben sich die EU-Diplomaten zu Wirtschaftssanktionen gegen Russland durchgerungen. Dieser Beschluss kommt zu spät, er ist riskant - aber dennoch richtig.
Der Sanktionsbeschluss kommt spät, aber er ist richtig. Die EU hat keine andere Möglichkeit mehr, als Wladimir Putin über eine Schwächung der russischen Wirtschaft zur Aufgabe seiner Blockadehaltung in der Ukraine-Krise zu zwingen. Bemerkenswert ist eher schon das Zustandekommen des Beschlusses. Für Deutschland verhandelte Peter Tempel, der in Brüssel zwar eine große Nummer ist, den hierzulande aber kaum jemand kennt. Tempel vertritt als EU-Botschafter die Position der Bundesregierung. Insofern gehört das Verhängen von Wirtschaftssanktionen zu seinem Arbeitsgebiet. Ungewöhnlich aber ist, dass der Spitzenbeamte nun mit seinen Kollegen eine derart weitreichende Entscheidung treffen durfte. Dabei hatten die Staats- und Regierungschefs stets betont, dass sie sich selbst eine solche Eskalation vorbehalten würden.
EU-Sanktionen gegen Russland wurden im Hinterzimmer ausgehandelt
Dieses Vorgehen ist bezeichnend für die EU-Außenpolitik. Immer wieder hatten Merkel, Hollande, Cameron oder der Pole Tusk darüber gestritten, wie die Gemeinschaft auf das unkooperative Verhalten von Wladimir Putin reagieren solle. Erst wehrte die Kanzlerin Forderungen aus Osteuropa ab. Später, als sie einsehen musste, dass Putin sich nicht an Versprechungen hielt, rangen die Europäer um die Art der Sanktionen. Frankreich wollte Finanzsanktionen, doch die würden auch den Briten schaden. London keilte gegen die Pariser Rüstungsgeschäfte mit Moskau und forderte ein Waffenembargo. Man entschloss sich, lieber keinen Sondergipfel abzuhalten, dessen Unstimmigkeiten medial aufbereitet würden. Stattdessen nun die Botschafter im Hinterzimmer.
Eine bessere Alternative ist derzeit nicht in Sicht
Hat die EU also alles richtig gemacht? Nein. Am Anfang des Konflikts stand eine falsche Einschätzung der russischen Interessen in der Ukraine. Zugleich beließen es Merkel & Co. zu oft bei floskelhaften Ermahnungen an die Kiewer Regierung, deren Vorgehen ebenfalls umstritten ist – wenn auch nicht so bestialisch wie von der russischen Propaganda behauptet. Echter politischer Druck auf die Ukraine jedenfalls fehlt.
Riskant ist die Sanktionspolitik ohnehin. Moskaus Gegenmaßnahmen werden nicht lange auf sich warten lassen. Ein Erfolg ist auch nicht garantiert. Der Iran wurde mit ökonomischen Strafmaßnahmen an den Verhandlungstisch zurückgeholt, Syrien nicht. Einzig: Eine bessere Alternative ist derzeit nicht in Sicht.