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Auf der Wiese vor dem Uhrenturm Big Ben verschiedene Nationalflaggen.
© dapd

Olympische Spiele: Die Briten retten den Sport

Die Olympischen Spiele haben zuletzt an Strahlkraft verloren. Sie waren überschattet von politischen Debatten, von Dopingfällen und einer hemmungslosen Kommerzialisierung. London könnte Olympia retten.

Diese Stadt muss der Welt nichts mehr beweisen, London leuchtet auch ohne olympisches Feuer. Sie haben Demokratie in London, wunderbaren Humor, Multikulti funktioniert, und auch die Ratingagenturen haben ihr Land noch gern. So lässt es sich leben.

Eigentlich braucht London Olympia nicht. Aber Olympia braucht London. Die Stadt muss in den kommenden zweieinhalb Wochen die Olympischen Spiele retten. Das größte Sportfest der Welt leidet nicht nur unter Doping, Kommerz und selbstsüchtigen Sportfunktionären. Der olympische Sport hat insgesamt an Strahlkraft verloren. Ein wiederkehrendes Weltereignis, ja, das sind die Spiele, aber sie wirkten zuletzt vor vier Jahren in Peking nur noch wie ein von der Politik vereinnahmtes Unterhaltungsevent. Das Raumschiff Olympia hatte kurz Station gemacht und war dann mit einem Winken wieder weggeflogen. Da kann den Spielen jetzt nichts Besseres passieren, als in einer Metropole zu Gast zu sein, die mit ihrer Leidenschaft für den Sport, ihrer Lebensart des gegenseitigen Respekts und ihrem Sinn für Fairness das größte olympische Dorf der Welt ist.

Es wird Londons dritte olympische Rettungsaktion sein. 1908 war die noch junge Bewegung der Neuzeit nach den Zwischenspielen 1906 in Athen durch fehlende Unterstützung aus Politik und Sport gehörig ins Taumeln gekommen. London nahm die Spiele ernst, zelebrierte sie und brachte noch einen Urtyp heraus: den tragischen Helden. Der italienische Zuckerbäcker Dorando Pietri brach als Führender des Marathons zusammen und wurde disqualifiziert, weil er beim Überqueren der Ziellinie gestützt werden musste. Gefeiert wurde er trotzdem, und von der Königin mit einem Pokal ausgezeichnet. Gewinnen ist manchmal doch nicht alles – ein Motto, das bei den Spielen 1908 von einem amerikanischen Bischof erstmals gepredigt wurde und bis heute Olympia prägen soll, was es allerdings immer weniger schafft. Bei der zweiten Rettungsaktion 1948 war es London gelungen, nach dem Krieg die Idee von der internationalen Begegnung im Sport wieder mit Leben zu füllen.

Bildergalerie: Die olympischen Sportstätten in London

Auch diesmal steht die Idee auf dem Spiel. Das konkrete Ziel von London 2012 lautet, den olympischen Sport wieder wettbewerbsfähig zu machen. Wieder die Verbindung mit der Gesellschaft herzustellen, in der es so viele Angebote gibt, seine Freizeit zu gestalten, dass manche olympische Disziplin auf Jugendliche inzwischen so anziehend wirkt wie Volkstanz. Neben dem Fußball bleibt ohnehin immer weniger Platz für anderen Sport. Gerade in den offenen Gesellschaften könnte vielen Sportarten allmählich der Nachwuchs ausgehen.

Wahrscheinlich war der Auftrag an Olympische Spiele, etwas Bleibendes zu hinterlassen, deshalb noch nie so groß wie an London 2012. Nicht nur gucken, sondern auch anfassen – das wollen diese Spiele mit dem Sport machen.

Seine ersten Erfolge hat London schon beim Begrüßen der Athleten feiern können. Man mag von Frauenboxen halten, was man will, aber mit der olympischen Premiere werden nun erstmals alle Sportarten – abgesehen von Rhythmischer Sportgymnastik und Synchronschwimmen – von Frauen und Männern ausgeübt. Als letzte fehlende Länder haben Katar, Brunei und Saudi-Arabien auch Sportlerinnen zu Olympia geschickt. Dazu kommt mit dem Südafrikaner Oscar Pistorius der erste Athlet auf Prothesen. Sport ist bis ganz oben offen für alle, heißt die Botschaft. So könnten die Spiele von London zur freundlichsten Einladung an die Welt zum Sporttreiben werden.

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