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Chinas Präsident Xi Jinping.
© dpa

Chinas Staatschef Xi Jinping in Deutschland: Der wichtigste Gast des Westens

Angela Merkel muss um China werben: Denn eine Kooperation zwischen Moskau und Peking würde die politische Landkarte grundlegend verändern.

Da kommt jetzt der wichtigste Besucher, den die Bundesrepublik seit der letzten und ersten Visite von Barack Obama hatte: Chinas neuer Staatspräsident Xi Jinping ist zu Gast. Mag auch er Vertreter einer gegenwärtig regionalen Größe sein, einer wie beispielsweise Russland – China ist eine sehr große, und sein Entwicklungspotenzial übertrifft das jeder verbliebenen Supermacht. Allerdings gibt die Konfrontation zwischen dem Westen und Russland Xis Besuch noch einmal mehr Bedeutung, wie auch seiner Rede zu Chinas Rolle in der Welt.

Ohnedies ist sie wichtig, weil China der wichtigste Handelspartner Deutschlands in Asien und der drittgrößte weltweit ist. Es sind hohe zweistellige Milliardenbeträge, die eine Million Arbeitsplätze hierzulande garantieren. Xi Jinping, der erste chinesische Staatschef in Deutschland seit acht Jahren, trägt dem Rechnung: Seine Wirtschaftsdelegation hat mehr als 100 Mitglieder, die Reise soll gleich noch für weitere Milliardengeschäfte genutzt werden.

Der Westen bewegt sich auf ein neues Glacis zu

Zu dieser Dimension kommt die geostrategische, und Bundeskanzlerin Angela Merkel – seit Amtsantritt um mehr als gesichtswahrende Kontakte zu Peking bemüht – gerät endgültig in die westliche Führungsrolle neben dem US-Präsidenten. Sie wird auch im Osten als mächtigste Frau der Welt angesehen. Zusätzlich zu der enormen Demokratisierungs- und Menschenrechtsproblematik, die Merkel ansprechen muss und wird – sie soll und kann verhindern, dass der Westen mit dem Versuch scheitert, China auf seine Seite zu bringen und dort dauerhaft zu halten. Ein Scheitern, das Eberhard Sandschneider, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, für nicht überraschend hielte.

Das ist die Lage, die dadurch noch einmal schwieriger wird, dass sich China, Indien, Brasilien und Südafrika mit Russland solidarisiert haben. Diese sogenannten Schwellenländer – jedes für sich ein wirtschaftliches powerhouse – lehnen einen Ausschluss Moskaus von den G-20-Treffen ab, außerdem die Androhung von Sanktionen und Gegensanktionen, weil die nicht zur friedlichen und dauerhaften Lösung der Ukraine-Krise beitragen würden. Die Verbindung dieser Mächte zeigt, dass sich der Westen auf ein neues Glacis zubewegt. Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der wichtigsten russischen Zeitung für Außenpolitik, die in Kooperation mit „Foreign Affairs“ erscheint, sprach jetzt in der „taz“ aus, was auch in deutschen Thinktanks gedacht wird: dass Russland nichts anderes bleiben könnte, „als das Verhältnis zu China qualitativ neu zu beleben, was Peking ja schon lange vorschlägt“. Putin hat den Fernen Osten bereits zur Priorität fürs 21. Jahrhundert erklärt.

Die Eiszeit der 80er Jahre ist vorbei

Zumal das Verhältnis zwischen Russland und China nicht immer schlecht war. In den fünfziger Jahren bis Anfang der sechziger war es gut, so wie vorher, unter Lenin. Im Zuge sowjetisch-chinesischer Zusammenarbeit studierten viele Kader in Russland und trugen zum Austausch innerhalb der Eliten bei. Die Eiszeit ist seit Ende der 80er Jahre vorbei, das Handelsvolumen hat sich in kurzer Frist versiebenfacht, auf 100 Milliarden Dollar. Russland baut weiter Gas- und Öl-Pipelines Richtung China, und letztes Jahr gab es ein gemeinsames Marinemanöver, das größte Chinas mit einem anderen Land je.

Neben den Vorbehalten gegen Putins Vorgehen gibt es in Peking die Argumentation, die Krim sei seit Katharina der Großen russisch. Darüber hinaus eint beide Staaten Kritik an der US-Politik gegenüber dem Iran und Syrien; und China ist verärgert über die Solidarität der USA mit Japan im Inselstreit, wie Außenminister Wang Yi klar machte. Dagegen beschrieb er die Beziehungen zu Russland als „in der besten Phase ihrer Geschichte“, Xi und Putin hätten eine „tiefe Freundschaft“ entwickelt.

Russland und China: Ihre Kooperation würde die politische Landkarte grundlegend verändern. Darum wird es umso wichtiger sein zu hören, was Xi Jinping nach seinem Gespräch mit Merkel sagt.

Stephan-Andreas Casdorff

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