Streit um Berlins Mietspiegel: Der Senator hat es noch nicht verstanden
Der Streit um den Berliner Mietspiegel ist nur der Auftakt - Berlin droht ein neuer Verteilungskampf um die Mieten. Doch Stadtentwicklungssenator Geisel scheint den Startschuss nicht gehört zu haben.
Dass dem Senat gerade das wichtigste Hilfsmittel zur Befriedung des Wohnungsmarktes aus der Hand geschlagen wird, scheint der Mann an der Spitze der Verwaltung für Stadtentwicklung nicht wirklich verstanden zu haben. Wachsweich reagiert der Senator für Stadtentwicklung Andreas Geisel (SPD) auf die Kampfansage von zwei mächtigen Berliner Vermieterverbänden, die den neuen Mietspiegel nicht anerkennen. Die Gründe der Unternehmer könne er „nicht ganz nachvollziehen“, sagte Geisel nur, wo eine Verteidigung des Mietspiegels notgetan hätte.
Die Berliner Vermieter wollen die Gunst der Stunde nutzen
Denn die Sache ist eigentlich ganz einfach. Die Vermieter wollen die Gunst der Stunde nutzen und schnell und stark von der Wohnungsnot in der wachsenden Hauptstadt profitieren. Das geht am besten, wenn sie flächendeckend die Mieten anheben können, auch dort, wo der Mietspiegel und neuerdings die Mietpreisbremse das verhindern: bei langjährigen Mietern mit alten Verträgen zu günstigen Konditionen.
Denn in Berlin gibt es immer mehr Wohnhäuser, in denen der neue Nachbar die doppelte Miete des langjährigen Kiezbewohners direkt nebenan bezahlt. Diese Lücke wollen Hauseigentümer mit Mieterhöhungen schneller schließen, als der Mietspiegel erlaubt. Deshalb sprechen sie ihm die Gültigkeit ab und sagen, er bilde „den Markt“ nicht ab. Rückenwind haben sie nun, weil das Amtsgericht sie darin bestärkt. Hardliner unter den Grundbesitzern werden den Mietspiegel nun ignorieren und voll auf den Gerichtsweg setzen, wohl wissend, dass Mieter selten den Mut und die Moneten haben gegenzuhalten.
Jetzt zeigt sich, wie viel Sozialdemokratie wirklich in der Berliner CDU steckt
Der Verteilungskampf auf dem Wohnungsmarkt ist neu ausgebrochen und man darf gespannt sein, wie weit es wirklich um die Sozialdemokratisierung der Union steht. Deren mietenpolitischer Sprecher jedenfalls erklärte schon mal, dass der Mietspiegel nicht als Steuerungsinstrument missbraucht werden dürfe – und fordert mehr Markt. Für die Mieterstadt Berlin ist es vielleicht ein Trost, dass beim Justizminister, einem Sozialdemokraten, am Donnerstag erstmals eine Arbeitsgruppe zusammenkommt mit dem Ziel, den Mietspiegel bundesweit auf ein sicheres rechtliches Fundament zu stellen.