PORTRÄT SADEGH LARIDSCHANI NEUER JUSTIZCHEF IM IRAN:: "Der kulturellen Invasion entgegentreten"
Schauprozess in Teheran, Vergewaltigungen in den Gefängnissen, ungeklärte Foltermorde von Häftlingen – der neue Justizchef des Iran tritt sein Amt in der schwersten Krise der Islamischen Republik seit ihrer Gründung an.
Schauprozess in Teheran, Vergewaltigungen in den Gefängnissen, ungeklärte Foltermorde von Häftlingen – der neue Justizchef des Iran tritt sein Amt in der schwersten Krise der Islamischen Republik seit ihrer Gründung an. Am Samstag wurde Sadegh Laridschani vom Obersten Religionsführer Ali Chamenei offiziell ernannt. Während Vorgänger Ayatollah Mahmoud Hashemi Scharudi ein Konservativer mit gewissem Augenmaß war, ist der Neue ein ausgewiesener Hardliner.
1960 im irakischen Nadschaf geboren, wuchs der Geistliche in einer religiösen und einflussreichen Familie auf, die stets engen Kontakt zu Chamenei hielt. Sein Vater ist Großayatollah Mirza Hashem Amoli, sein älterer Bruder Ali Laridschani ist Sprecher des Parlaments. Bruder Mohammad Javad war Vize-Außenminister. Auch Sadeqh Laridschani machte steile Karriere. Seit 2001 gehört er als jüngstes Mitglied dem 12-köpfigen Wächterrat an, neben Chamenei das mächtigste Gremium des Landes.
In seiner geringen politischen Erfahrung sieht der 49-Jährige kein Manko für seine künftige Aufgabe, wie er auf seiner Website erläutert. Den Iran sieht er demnach nicht nur durch eine mögliche militärische Invasion, sondern ebenso durch eine „westlichen Kulturinvasion“ bedroht. Er habe sich daher viele Jahre darauf vorbereitet, „der kulturellen Invasion entgegenzutreten“ – unter anderem durch Englischunterricht.
Einen Namen aber machte sich Laridschani in Qom und in zahlreichen Kasernen der Revolutionären Garden durch Kurse in islamischer Rechtgläubigkeit. Und er fiel auf durch rabiate Kritik an dem iranischen Intellektuellen Abdulkarim Soroush, der in seiner Heimat und im Westen als einer der wichtigsten Denker der Gegenwart gilt.
Sadegh Laridschani zählt zu einer breiten Riege nachrückender Politiker und Amtsträger, deren Karriere im Milieu der Revolutionären Garden oder des Geheimdienstes wurzelt. Anders als die Geistlichen, die an der Revolution von 1979 teilnahmen, hat diese Generation kaum eigenständige intellektuelle Leistungen vorzuweisen. Stattdessen gefallen sie sich in unbeirrter Linientreue und Hatz auf Andersdenkende. Darum ist zu befürchten, dass der neue Justizchef noch härter gegen Oppositionelle und Menschenrechtler vorgehen wird. Und die drei wichtigsten Machtsäulen des Regimes – Justiz, Revolutionäre Garden und Geheimdienst – werden noch stärker Hand in Hand arbeiten als bisher. Martin Gehlen
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