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Wie eine Katze, der der Kopf gewaschen wird: Ein weniger widerwillig schien Bob Dylan sich von Barack Obama die "Medal of Freedom" umlegen zu lassen.
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Porträt: „Der größte der Giganten der US-Musik“

Bob Dylan brachte der Rockmusik das Sprechen bei. Er selbst aber schweigt am liebsten. So fiel es ihm sichtlich schwer, die höchste Ehrung der USA, die "Medal of Freedom", entgegenzunehmen.

Er trug eine dunkle Sonnenbrille beim Gang ins Weiße Haus, einen schwarzen Anzug im Country-Stil, wie bei seinen Konzerten. Er konnte kaum still stehen, trat von einem Bein aufs andere und schaukelte mit den Schultern, seine Gesichtszüge ruckten und zuckten nervös. Nur für einen kurzen Moment, als Präsident Barack Obama ihm die „Medal of Freedom“ um den Hals hängte, hielt der kleine Mann inne und ließ es geschehen. Ließ sich die höchste Ehrung angedeihen, die ein Bürger der USA bekommen kann. Dabei sah er aus wie ein alter Kater, der den Kopf gewaschen bekommt, während es draußen donnert.

Brauchte offenbar ein beruhigendes Tätscheln, um durch die Zeremonie zu kommen: Bob Dylan bei der Ehrung mit der ehemaligen College-Basketballtrainerin Pat Summitt.
Brauchte offenbar ein beruhigendes Tätscheln, um durch die Zeremonie zu kommen: Bob Dylan bei der Ehrung mit der ehemaligen College-Basketballtrainerin Pat Summitt.
© dapd

Bob Dylan und die Öffentlichkeit. „Es gibt keinen größeren Giganten in der Geschichte der amerikanischen Musik“, pries ihn der Präsident. Aber es hilft nichts. Der 71-Jährige fühlt sich im Rampenlicht nicht wohl, wenn er sich nicht, wie am 2. Juli, wenn er in Berlin in der Zitadelle Spandau spielt, hinter seinen Songs verschanzen kann, die allerdings auch schon ein recht löchriger Schutzschild geworden sind. Dylan hat in seiner Karriere, die fünf Jahrzehnte umspannt, schon etliche Preise und Auszeichnungen erfahren: elf Grammys und einen Oscar, die Ehrendoktorwürde von St. Andrews, den Polar Music Prize und den Prinz-von-Asturien-Preis und auch einen Pulitzer. Er hat vor dem Papst gespielt, aber immer war da ein Widerstand zu spüren, ein starkes Unwohlsein. In Todd Haynes’ Film „I’m Not There“ kotzt der junge Dylan in den Festsaal und beschimpft das Publikum, weil er sich als Bürgerrechtler missverstanden fühlt. Gut getroffen!

Im Januar 1963, beim Marsch auf Washington, als Martin Luther King seine „I have a Dream“-Rede hielt, sang Dylan eine Handvoll Songs. Ganz vorn dabei und doch ausgeschert. Sich in die Büsche geschlagen. Sein Privatleben verborgen, bis heute. Bob Dylan hat der Rockmusik das Sprechen beigebracht, aber sich konsequent dem öffentlichen Diskurs verweigert. Keine Interviews, keine Interventionen. Einmal hat er bei einem Satellitenradio eine Sendung moderiert – ein reines Musikprogramm.

Zusammen mit Bob Dylan wurden in Washington der Astronaut John Glenn, die frühere Außenministerin Madeleine Albright und die Schriftstellerin Toni Morrison geehrt. Sie hat Dylan einen Preis voraus. Seit Jahren ist auch er für eine gewisse Ehrung in Stockholm im Gespräch. Was wäre das für eine tolle Zeremonie, die Nobelpreisrede eines notorischen Schweigers.

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