Massentierhaltung: Darf man Tiere so behandeln?
Volksbegehren in Brandenburg, Großdemo in Berlin: Der Widerstand gegen Billigfleisch wächst. Aber: Wie ernst ist das gemeint? Ein Kommentar.
Wer denkt bei diesem Tier an Burger? Mit seinen weißen Löckchen und dem gefleckten Fell wirkt „Disco PP“ eher wie ein riesiges Kuscheltier. Für einige Tage ist der Bulle zu Gast auf der Grünen Woche. Er macht Werbung für Simmentaler Rinder. Simmentaler Rinder? Richtig. McDonald’s macht Hackfleisch aus ihnen, Fleisch für seine Burger.
Das Massengeschäft mit dem Fleisch
Vom Rind zum Burger, vom Schwein zur Wurst, vom Hähnchen zum Nugget – in Deutschland ist das ein Massengeschäft. Fleisch ist billig. 100 000 Hühner im Stall, 6000 Schweine – das ist effektiv und senkt die Kosten. Kleinere Höfe können da nicht mithalten. Sie geben auf, während die Tierfabriken immer größer werden.
Doch immer mehr Verbraucher wollen das nicht. In Brandenburg haben über 100 000 Menschen für ein Volksbegehren unterschrieben, das der Massentierhaltung ein Ende setzen soll. Am Samstag sind in Berlin Zehntausende auf die Straße gegangen, um gegen die Agrarindustrie zu demonstrieren.
Billiges Fleisch? Von wegen!
Zu Recht. Denn das billige Fleisch kommt uns am Ende teuer zu stehen. Nitrate aus den Großställen verseuchen das Grundwasser, Ammoniak die Luft, und immer mehr Antibiotika wirken nicht mehr beim Menschen, weil sie in der Tiermast eingesetzt und die Erreger resistent werden. Vom Tierwohl ganz zu schweigen. Damit sich die Schweine in den engen Ställen nicht gegenseitig die Schwänze abbeißen, kupiert der Züchter sie. Damit sich die Legehennen in den Großkäfigen nicht anpicken, schneidet man ihnen die Schnäbel. Weil viele Menschen Eberfleisch nicht mögen, werden die männlichen Ferkel kastriert – ohne Betäubung. Und männliche Küken landen nach der Geburt im Schredder.
Darf man Tiere so behandeln? Sie wegsperren, quälen und – falls sie für die Produktion nicht taugen – wegwerfen? Immer mehr Menschen sagen: nein. Nicht nur in Brandenburg. Zwar wollen die meisten Deutschen nicht auf Fleisch und Wurst verzichten, zwei Drittel sagen aber, sie seien bereit, für gute Haltung mehr zu zahlen. Bleibt abzuwarten, ob sie die Gewissensprobe an der Ladentheke bestehen. Und einen großen Bogen machen um Döner-Stände oder Currywurst-Buden. Denn immer häufiger essen die Menschen unterwegs, gekocht wird in vielen Familien nur noch selten. Das macht bewusstes Essen schwer: Wer fragt schon, woher die Salami für das Brötchen in der Bäckerei kommt oder die Hühnerkeule in der Kantine?
Veggie-Burger statt Big Mac
Das ist schade, denn die Bauern sind durchaus bereit, ihre Tiere besser zu halten – wenn sie dafür bezahlt werden. An der Tierwohlinitiative des Bauernverbands und des Handels wollen sich so viele Landwirte beteilige, dass das Geld, das der Handel bereitgestellt hat, nicht reicht. Aldi, Lidl und Co. sollten nachlegen, um die Bauern zu ermuntern. Und der Bundesagrarminister sollte ein Tierwohl-Label schaffen, das tierfreundliche Produkte auszeichnet. Neue Massenställe sollten nicht mehr mit Steuergeldern unterstützt werden. Aber auch das Private ist politisch: Wer bei McDonald’s den Veggie-Burger bestellt statt den Big Mac, hilft „Disco PP“ und seinen Artgenossen. Zumindest ein bisschen.
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