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Bernd Lucke, AfD.
© dpa

Parteitag der Alternative für Deutschland: Bernd Lucke platziert die AfD neben der CDU

Die AfD ist inzwischen ein erstaunlich stabiles Gebilde und sie weiß programmatisch ziemlich genau, wo sie in Zukunft stehen wird. Irgendwo neben der Union wird es sein. Auch wenn sie das nicht immer sagen mag.

Hätte Bernd Lucke ein paar Minuten später reagiert – das gesamte Projekt „Alternative für Deutschland“ wäre ihm womöglich um die Ohren geflogen. Beim AfD-Parteitag am Wochenende in Erfurt lieferte er der Basis gerade noch rechtzeitig eine Demutsgeste: Zerknirscht zog er seine umstrittenen Pläne zum Umbau der Euro-kritischen Partei zurück.

Zuvor hatte die AfD drei Stunden lang ein Bild abgegeben, das parteiintern so gefürchtet wird: das eines zerstrittenen Wutbürgertums, das erbitterte Scharmützel um Satzungsfragen führt, am Ende aber vor allem Recht bekommen möchte. Die Klage, nicht mehr gehört zu werden, nicht sagen zu dürfen, was man denkt, zieht sich durch die Geschichte der AfD seit ihrer Gründung vor einem Jahr. Debatten um Formalien überdecken am Ende allerdings eines: Die AfD ist inzwischen ein erstaunlich stabiles Gebilde und sie weiß programmatisch ziemlich genau, wo sie in Zukunft stehen wird. Auch wenn sie das nicht immer sagen mag.

Lucke beharrt darauf, die AfD sei eine „Partei des gesunden Menschenverstands“, die man weder links noch rechts einordnen dürfe. In Wahrheit begann die Gründungsgeschichte der AfD aber nicht erst mit der Finanzkrise und der Generalkritik am Euro. Sie hat auch mit dem politischen Stil von Angela Merkel als CDU-Chefin zu tun und damit, dass die Union im politischen Spektrum Raum gelassen hat. Wenn Franz Josef Strauß gesagt hat, dass es rechts von CDU und CSU keine demokratische politische Kraft geben dürfe, dann hat die AfD mit ihrem Wahlerfolg von 4,7 Prozent bei der Bundestagswahl im September 2013 genau diesen Platz eingenommen. Recht deutlich bildet die AfD inzwischen ein eigenes politisches Milieu ab. Sie ist eine bürgerliche Kleine-Leute-Partei, die vornehmlich von oben geführt wird – von Professoren und anderen Akademikern, die mäßigend auf die Basis einwirken, sofern sie es für opportun erachten.

Das Abflauen der Euro-Krise ist nicht der einzige Grund für Themenverschiebungen

Hier paart sich eine nicht unbeträchtliche Amerika-Skepsis mit einem generellen Misstrauen gegen den Parteienstaat und dem Kampf um gentechnikfreie Lebensmittel. Vorhaben wie die Homo-Ehe werden kritisch gesehen, auch im Umgang mit Zuwanderungsfragen kommt ein gewisses Unbehagen zum Ausdruck. Der Wähler der AfD denkt im Allgemeinen in kleineren Räumen als andere Bürger – trotzdem wäre es ein Fehler, ihm zuallererst Engstirnigkeit vorzuwerfen.

Um das Urthema, den Euro, geht es dabei noch am Rand. Im Europaprogramm wird nicht einmal mehr klar dessen Abschaffung gefordert. Zur Not will sich die AfD auch mit einer „Neuordnung des Euro-Währungsgebietes“ begnügen, was immer das heißen mag. Diese Themenverschiebung hat nur zum Teil mit dem Abflauen der Krise zu tun. Lucke hat auch gemerkt, dass er seinen Anhängern emotional mehr bieten muss als Debatten um Rettungsfonds und Parallelwährungen.

Auch deshalb treibt er die AfD in eine Opferrolle hinein, die sie in Erfurt gerne ausgekostet hat. Den Parteichef stärkt das kurzfristig. Es kann aber auch eine Gefahr daraus erwachsen. Im Moment jedenfalls fährt die AfD einen Populismus mit angezogener Handbremse. Unklar ist, ob Lucke diese noch einmal löst. Um deutlich zu machen, wie weit die gesamte Partei den Weg der Polarisierung gehen will, muss sich die AfD bald ein Grundsatzprogramm geben. Das würde auch die Auseinandersetzung mit der Partei einfacher machen.

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