Michael Müller gestartet: Berlins Regierender neuer Chefaufseher des BER-Fluchhafens
Es ist offiziell: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller ist neuer Aufsichtsratschef des BER. Die gleichen Fehler wie Klaus Wowereit will er nicht machen - und delegiert erst mal.
Noch immer gilt er als „Fluchhafen“ vor den Toren Berlins, als ewige Baustelle: Nun übernimmt Berlins Regierender Michael Müller (SPD) ein Jahr vor der Abgeordnetenhauswahl direkte Verantwortung für den unvollendeten BER-Hauptstadtairport, der den Abtritt seines Vorgängers Klaus Wowereit beschleunigt hatte und vor der nun 2017 geplanten Inbetriebnahme noch immer Risiken brigt. Der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes hat Müller am Freitagvormittag einstimmig zum neuen Vorsitzenden des Kontrollgremiums gewählt, verlautete aus der Sitzung. Ein Amt, das Wowereit - abgesehen von einer mehrmonatigen Unterbrechung nach zwei abgesagten Eröffnungen im Jahr 2013 – von 2006 bis 2014 innehatte. Müller selbst hatte zwar zwischenzeitlich angekündigt, wie sein Brandenburger Amtskollege Dietmar Woidke (SPD) nicht selbst in den Aufsichtsrat zu gehen, dies aber später wieder revidiert. Vor der Sitzung des Gremiums im Verwaltungsgebäude des Flughafen Tegel, auf der die Wahl der erste Tagesnordungspunkt war, zeigte sich der Regierende jedenfalls aufgeräumt. Seine Gemütslage? „Gut wie immer.“
Delegiert an Lütke-Daldrup
Einen Fehler seines Vorgängers hat Müller bereits im Vorfeld korrigiert. Wowereit hatte als Aufsichtsratschef quasi alles selbst getan (oder eben unterlassen). Er pflegte allein die Drähte zur Geschäftsführung, studierte die BER-Akten. Er verfügte im Roten Rathaus über keinen nennenswerten Stab für das Milliardenprojekt. Inzwischen wurde dort unter Müller eine Flughafen-Taskforce mit Experten der beteiligten Berliner Senatsverwaltungen geschaffen, die Baustaatssekretär Engelbert Lütke-Daldrup als Berliner Flughafenkoordinator anführt. Lütke-Daldrup, der Müller vieles abnehmen soll, ist seit Freitag selbst neues Aufsichtsratsmitglied. Für ihn zieht Berlin die Finanzstaatsekretärin Margaretha Sudhoff zurück. Lütke-Daldrup betonte auf Anfrage, dass Berlin im Aufsichtsrat „gut aufgestellt“ sei und sich „intensiv um den Flughafen kümmern“ werde. Details, was das konkret bedeutet, wollte Lütke-Daldrup nicht nennen. Er verwies auf eine für Nachmittag anberaumte Pressekonferenz, auf der Müller als neuer Aufsichtsratschef über Ergebnisse der Sitzung informieren will. Dem Vernehmen nach läuft es offenbar darauf hinaus, dass Flughafenkoordinator Lütke-Daldrup als Berliner Vertreter sowohl in den Projektausschuss des Aufsichtsrates geht, der den Baufortschritt überwacht, als auch in den Finanzausschuss des Gremiums. Unter Wowereit war es zudem Usus, dass der Aufsichtsratsvorsitzende persönlich auch alle Sitzungen der Fachausschüsse besuchte, um im Stoff zu sein und, erst Recht nach den abgesagten Eröffnungen, nicht von Hiobsbotschaften überrascht zu werden. Wie es Müller halten will, ist offen.
"Fluchhafen" BER
Die Kosten des BER, der nach der gescheiterten Eröffnung im Mai 2012 nun im zweiten Halbjahr 2017 an den Start gehen soll, sind mittlerweile von 2,5 Milliarden Euro (2009) auf 5,4 Milliarden Euro geklettert. Weitere 1,1 bis 1,5 Milliarden Euro sind bereits einkalkuliert, damit die klamme, tiefrote Zahlen schreibende Flughafengesellschaft in den kommenden Jahren nötige Kapazitätserweiterungen und den Schuldendienst für aufgenommene Milliardenkredite begleichen kann. Der neue Flughafen in Schönefeld, dessen Bau 2006 mit dem ersten Spatenstich begann, war auf die Abfertigung von 27 Millionen Passagieren ausgelegt. Doch in den letzten Jahren hatten die Berliner Flughafen alle Wachstumsrekorde gekippt, stiegen die Passagierzahlen 2014 bereits auf 28 Millionen Fluggäste. Im Terminal, eine der Fehlplanungen, können nach neuen Untersuchungen nur 23 bis 25 Millionen Passagiere abgefertigt werden. Wie das Kapazitätsproblem gelöst werden kann, ist umstritten. Der neue Flughafenchef Karsten Mühlenfeld, der im Frühjahr die Nachfolge von Hartmut Mehdorn auf dem Posten antrat, will das alte Schönefelder Abfertigungsgebäude aus DDR-Zeiten nach der BER-eröffnung 2017 einige Jahre weiter nutzen. Genau an diesem Standort soll jedoch der neue Regierungsflughafen Deutschlands entstehen, für den deshalb eine Interrimslösung gefunden werden muss. Der Bund pocht darauf, dass Schönefeld/Alt nicht zu lange weitergenutzt werden darf. Entscheidungen sollen erst im Herbst fallen.