Überraschende Umfrage: Alter ist die neue Jugend
"I hope I die before I get old"? Das war gestern. Umfragen nach, ist das Altern schwer im Kommen. Unser Kolumnist Helmut Schümann müht sich mit arthritischen Gliedern tanzend auf dem Tisch und bejubelt das Ende des Jugendwahns.
Dem Altern wird nachgesagt, dass es kein Ponyhof sei. Angeblich weiß das jeder, der kein Stoppelhopser mehr ist. Altern steht in einem furchtbar schlechten Ruf. Pete Townshend, der Gitarrist der Who, hat getextet „I hope I die before I get old“. Da war er 20, ein Stoppelhopser. Jetzt ist er gerade 70 geworden, es hat also zum Glück nicht geklappt mit seinem Wunsch, er ist noch sehr munter.
Altern ist gar nicht so schlimm. Und in der Kneipe kann es auch am Edeka-Tisch trotz aller Zipperlein munter zugehen. Edeka – Ende der Karriere. Die „Apotheken-Umschau“, die schon wieder, geht auch schon stramm auf die 60 zu, sie hat sich jetzt darangemacht, mit der üblen Verleumdung des Alterns aufzuräumen und die Jugendwahnsinnigen in die Schranken zu weisen. Bislang war die Umschau eher als treue Begleiterin des Alterns aufgefallen, die allerlei Ratschläge erteilt, wie mit den Malessen umzugehen und wie ihnen beizukommen ist. Jetzt stellt sie unmissverständlich klar, Altern ist schwer in Mode gekommen, Altern ist überaus populär. Drei Viertel der Deutschen, das hat eine Umfrage ergeben, sehen auch viele positive Seiten im Altern.
Tja, ihr Jungspunde, dumm gelaufen. Befragt wurden Menschen ab 14 Jahren, erstaunlich, dass die sich nach dem Älterwerden sehnen.
Es ist aber nicht nur der Wunsch nach Führerschein und Selbstständigkeit, dem das Altern seine überraschende Beliebtheit verdankt. Aus derselben Umfrage geht hervor, dass 45,9 Prozent der Deutschen uns ältere Menschen um unsere Lebenserfahrung beneiden. Das hätte die Werbung mal berücksichtigen sollen, statt uns jahrzehntelang mit Anti-Falten- Cremes und Ginsengkapseln zuzumüllen. Altern ist das Ziel der Zeit, Altern ist die neue Jugend. Forever Young erstrahlt im neuen Licht.
Noch vor Jahren sperrten sich Menschen, die gerade mal 30 geworden waren, stundenlang auf der Toilette ein und heulten den Lauf der Zeit an. Noch vor Jahren fielen Menschen dadurch auf, dass sie gleich mehrere Jahre hintereinander 54 wurden und nicht zu überzeugen waren vom nagenden Zahn der Zeit. Das ist ja nun alles nicht mehr nötig. Je höher die Zahl des Geburtstags, umso größer das Fest, die Jubilare jubeln und tanzen und hopsen wie wild auf den Tischen. Wenn sie denn hochkommen mit ihren arthritischen und gichtigen Gliedern. Wenn nicht, hilft die „Apotheken-Umschau“ und die Lebenserfahrung, durch die sie schließlich wissen, wie es geht und einmal gegangen ist. Damals, als sie noch Stoppelhopser waren und die Mühen des Alterns in unvorstellbarer weiter Entfernung lagen. Helmut Schümann
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