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Raubein mit Herz. Omar Sy (l.), Star aus „Ziemlich beste Freunde“, spielt jetzt einen Cop in der Krimikomödie „Ein Mordsteam“.
© dpa/Senator

Kultur: Ziemlich bester Start

Experte für Lebensfreude: Begegnung mit dem Schauspieler Omar Sy.

„Komm, wir spielen good cop, bad cop!“, verlangt der zappelige schwarze Vorstadtbulle von seinem neuen Partner. „Wir spielen mal lieber redender Cop, stummer Cop!“, zischt dieser zurück. Aber der vor überschäumender Energie strotzende Ousmane lässt sich von dem versnobten François nicht zügeln und quatscht den Verdächtigen im Verhör in Grund und Boden.

Omar Sy, der in der Krimikomödie „Ein Mordsteam“ die Rolle des Ousmane übernommen hat, ist gerade als Experte für Lebensfreude und Klischeeaufmischung weltberühmt geworden. In „Ziemlich beste Freunde“, dem zweiterfolgreichsten französischen Film aller Zeiten, spielt er den unkonventionellen Pfleger eines bis zum Halswirbel gelähmten Aristokraten. Die neue Rolle im humorvollen, aber recht vorhersehbar konstruierten Filmkrimi „Ein Mordsteam“ ist seiner Erfolgsfigur durchaus ähnlich. Wieder spielt er gegen das Stereotype an, wieder steuert er Witz und Elan bei, wieder gibt er das ungebildete Raubein mit dem guten Herzen.

Dass das Buddymovie mit den klassisch ungleichen Gegenspielern seinen Reiz fast komplett aus dieser Konstellation zieht, tut der Unterhaltung wenig Abbruch. Neben der etwas naiven, aber gut gemeinten Botschaft, dass auch ein Vorstadtkid Ehre im Leib hat und ein Bourgeois-Schnösel noch etwas zu lernen, ist die Krimikomödie ein solides „Flicpic“ mit sichtbar gut gelaunten Darstellern. Wenn beim nächsten Mal die Rollen weniger klischeehaft angelegt sind (armer Schwarzer, reicher Weißer, heiße Bräute auf beiden Seiten), wird sich Frankreichs unkonventioneller neuer Lieblingskomiker weiter in die Herzen auch des internationalen Publikums spielen.

Der 35-jährige Franzose aus der Pariser Banlieue Trappes scheint ein Glückskind zu sein – und ein Naturtalent: Nö, gelernt habe er das nicht, sagt er im Interview im Berliner Soho House und versucht vergeblich, die langen Beine unter das Kaffeetischchen zu drücken. Als er 19 war, fragte ihn sein ebenfalls aus Trappes stammender Freund, der Schauspieler Jamel Debouzze, ob er mit ihm einen Charakter für eine Radio-Comedy entwickeln wolle. Omar sagte zu und gab sich als afrikanischer Fußballer aus. Etwas später wurde er mit Fred Testot als Duo „Omar et Fred“ ein Hit, im Privatradio, dann im Fernsehen.

Nach ein paar Kinonebenrollen besetzten ihn die „Ziemlich beste Freunde“-Regisseure Olivier Nakache und Eric Toledano 2011 schließlich als prekär-fidelen Altenpfleger Driss, der lässig die nötigen Discomoves raushaut, um seinen desillusionierten Boss zum Lachen zu bringen. Auf diese Weise perfektionierten sie Omar Sys Märchenkarriere. Einen Tag vor dem Oscar-Gewinn des „The Artist“-Darstellers Jean Dujardin schnappte Sy ihm gar bei der Verleihung der französischen Filmpreise, der Césars, den Darstellerpreis weg. Und bescherte Frankreich den ersten schwarzen César-Gewinner.

„Die beste Entwicklung wäre, wenn beim nächsten schwarzen Gewinner die Hautfarbe einfach gar nicht mehr erwähnt wird“, sagt Sy, dessen Eltern aus dem Senegal und Mauretanien stammen. Weiter möchte er sich nicht politisch äußern: „Ich will meine Energie lieber dafür verwenden, etwas Schönes zu tun, als darauf, mich darüber aufzuregen, wieso etwas nicht geht.“ Omars positive Haltung ist entwaffnend, sein Esprit überstrahlt auch seine noch wackelige „th“-Aussprache, die er momentan in Los Angeles übt. Dorthin ist er letztes Jahr gezogen, weil der Starrummel in Frankreich ihm, seiner Frau und den vier Kindern auf die Nerven fiel. „Ich habe in L.A. viel mehr Zeit, mich mit meiner Familie zu beschäftigen“, sagt er, zudem würde es ihm bei einem Übersee-Telefonat leichter fallen, nein zu sagen: „Eigentlich sage ich sehr ungern nein, das liegt nicht in meiner Natur!“

Umso ausgeprägter sind sein Humor und ein Urvertrauen auf das, „was Gott für mich vorgesehen hat“. Seine sieben Geschwister, die allesamt „anständige“ Berufe ausüben, hätten allerdings anfangs auch nicht an Omars Erfolg geglaubt. „Sie rieten mir, lieber noch einen kleinen Laden zu eröffnen, irgendetwas, was meine Kinder ernährt, wenn das alles nicht klappt“, kichert er.

Gerade klappt es perfekt. Omar hat in Michel Gondrys Boris-Vian-Verfilmung „Der Schaum der Tage“ den Koch Nicolas gespielt. „Das war meine Schauspielschule“, gibt er zu, und dass es anstrengend gewesen sei, einen traurigen Charakter darzustellen. Das nächste Projekt ist millionenschwer: Für das „X-Men“-Sequel „Days of Future Past“ ist er ebenfalls gebucht. Somit hat Hollywood ihn spätestens ab dem Drehbeginn im April fest am Wickel. Angst vor Kontrollverlust beim Aushandeln der Deals mit den Vertretern des big business hat er nicht. „Ich richte mich nach meiner Intuition“, sagt Omar Sy. Und pocht darauf, dass bislang alles gut ging. Hoffentlich bekommt die Traumfabrik bei so viel ungewohnter Ehrlichkeit nicht Muffensausen.

„Ein Mordsteam“ in elf Berliner Kinos

Jenni Zylka

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