Das Museum des 20. Jahrhunderts am Start: Zehn Entwürfe gehen in die nächste Runde
Ideenwettbewerb für das Museum des 20. Jahrhunderts: 460 Architekturbüros haben ihre Vorschläge eingereicht, noch ist der große Wurf nicht dabei.
Auf dem Weg in den Olymp fühlt sich nach eigener Aussage Senatsbaudirektorin Regula Lüscher mit dem Ideenwettbewerb für das Museum des 20. Jahrhunderts. Doch der ist steinig. Drei Tage lang hat die 13-köpfige Jury unter dem Vorsitz des Stuttgarter Architekten Arno Lederer getagt und 460 eingereichte Entwürfe in Augenschein genommen. Zehn haben das Rennen gemacht und sind in die nächste Runde für den Realisierungswettbewerb gekommen. Das Ergebnis wurde nun im Museumsfoyer des Kulturforums präsentiert, einen Katzensprung vom künftigen Baufeld entfernt, das sich entlang der Potsdamer Straße zwischen Neuer Nationalgalerie und Philharmonie vis-à-vis der Staatsbibliothek erstreckt.
Damit ist auch schon das größte Problem benannt: Der Neubau muss sich zwischen den Meisterwerken von Scharoun und Mies van der Rohe behaupten und gleichzeitig das disparate Kulturforum zur Einheit formen, da es für das Terrain keinen städtebaulichen Wettbewerb mehr geben wird. Die Schließung der Baulücke ist zugleich die letzte Chance, das topografische Desaster nach Jahrzehnten der Ratlosigkeit in den Griff zu bekommen. Nicht weniger als die Quadratur des Kreises ist gewünscht.
Die nominierten Entwürfe, die jeweils mit einem Preisgeld von 26 000 Euro ausgezeichnet werden, demonstrieren das Dilemma: entweder zu brav, ja duckmäuserisch sich in die Tiefe vergrabend, um den Granden rechts und links nicht die Schau zu stellen, oder spielerisch tändelnd mit diversen über den Platz verteilten Kuben, denen die künftige Aufgabe eines hauptstädtischen Museums mit 14 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche nicht recht zuzutrauen ist. Ein keck in die Höhe ragender Büroturm ist die Ausnahme. Die meisten Vorschläge bleiben brav am Boden als längs gestaffelte Hallen oder gläserne Riegel. Eine weitere „Signature Architecture“ wie Mies’ gläserner Tempel oder Scharouns Gebirge in Gold hat auf dem bereits prominent besetzten Feld keine Chance.
Der große Wurf fehlt also, die Jury gab sich gestern dennoch optimistisch für den weiteren Verlauf des Verfahrens. Nun wisse man, wie die Ausschreibung zu präzisieren sei und welche Fragen bislang noch nicht beantwortet sind, formulierte es Arno Lederer freundlich. „Es muss noch gewaltig gearbeitet werden,“ kündigte er für die nächste Runde an. Und doch gelang es den Preisrichtern, Erwartungsfreude zu wecken, zumindest hoffnungsfroh zu bleiben. Schließlich begleiten sie auch die nächste Wettbewerbsphase bis zur endgültigen Entscheidung im November.
„Die ganze Welt schaut auf Deutschland, wie man hier mit Architektur umgeht“, machte Kulturstaatsministerin Monika Grütters Stimmung. Ihrem Beharrungsvermögen ist es zu verdanken, dass überhaupt über Vorschläge beraten werden kann. Sie hatte dafür gesorgt, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages 200 Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung stellt. Als wichtigste Erkenntnis des Ideenwettbewerbs nannte die Politikerin denn auch die Gewissheit, dass der Standort der richtige sei. Auch um ihn war zunächst gerungen worden. Eine Studie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte aus Kostengründen zunächst das kleinere Grundstück an der Sigismundstraße hinter dem Mies van der Rohe-Bau favorisiert. Mit der Potsdamer Straße begibt sich der Erweiterungsbau für die Neue Nationalgalerie in die erste Reihe, gleichzeitig darf er nicht die Allüren einer Primadonna haben.
Mitte des Jahres beginnt nun der nächste Schritt der Entscheidungsfindung, der Realisierungswettbewerb, an dem rund sechzig Architekten teilnehmen dürfen, darunter die zehn nun gekürten Gewinner und bis zu zwölf geladene Büros. Das Feld verkleinert sich zwar, aber für die Jury wird die Aufgabe damit nicht leichter. „Wir hoffen auf die Zerschlagung des gordischen Knotens“, formulierte es Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen. Ihm habe der Wettbewerb geholfen bei der „Präzisierung der Gedanken, was wir als Museum eingelöst bekommen wollen“. Das klingt zum fortgeschrittenen Zeitpunkt des Verfahrens beängstigend diffus. Was sich die 460 bislang beteiligten Büros gedacht haben, lässt sich ab 26. Februar in den Sonderausstellungshallen am Kulturforum sehen (bis 13. 3.). Dort werden ihre Entwürfe und Modelle gezeigt, für den Olymp reicht es noch nicht.