Staatsanwaltschaft ermittelt nicht: Xavier Naidoo merkt nicht einmal, wie verletzend er ist
Xavier Naidoo wurde wegen eines vermeintlich volksverhetzenden Songtextes angezeigt - doch die Staatsanwaltschaft sieht dafür keinen Grund. Unser Autor Sidney Gennies bedauert, dass Musiker heutzutage nahezu ungestraft "Titten" auf "wippen" und "Mösen" auf "töten" reimen können.
Die Öffentlichkeit in Deutschland hat sich an ganz schön vieles gewöhnt in den letzten Jahren. Das ist auch Kool Savas zu verdanken. Der Berliner Musiker hat den Pornorap sozusagen im Alleingang salonfähig gemacht. Dank seines Erfolges können Musiker nahezu ungestraft „Titten“ auf „wippen“ reimen und „Mösen“ auf „töten“. Dabei zeugte so etwas schon in den Neunzigern nicht nur von mangelndem Sprachsinn, sondern es ist bis heute herabwürdigend, für Frauen wie für Männer.
Klar war aber auch, dass diese sprachlichen Entgleisungen weitgehend von der Kunstfreiheit gedeckt sind. Kool Savas fand etliche Nachahmer von Bushido bis Sido, kaum jemand lässt sich davon noch schockieren. Wir haben es zu oft gehört. Allerdings noch nicht von jedem – nur deshalb ist vielleicht der Aufschrei über einen vermeintlich volksverhetzenden Songtext von Xavier Naidoo jetzt so groß. Die Linksjugend hatte Anzeige erstattet. Auf dem gemeinsam mit Kool Savas produzierten Album „Gespaltene Persönlichkeit“ singt er in einem sogenannten hidden track: „Ich schneid’ euch jetzt mal die Arme und die Beine ab, und dann ficke ich euch in den Arsch, so wie ihr es mit den Kleinen macht. (...) Warum liebst du keine Möse, weil jeder Mensch doch aus einer ist?“
Ein Lied, wie es Rüpelrapper Kool Savas trällern könnte, ohne dass sich jemand echauffierte. Doch Xavier Naidoo? Vorbild für Millionen bei „The Voice of Germany“, ein Schmusesänger aus der Mitte der Gesellschaft? Da ist die Aufregung groß, und das ist gut. Es geht nicht darum, dass hier mit zweierlei Maß gemessen, oder Naidoo falsch verstanden würde. Weil es von Naidoo nicht zu erwarten war, hat die Gesellschaft genau hingehört und empört reagiert. Eindeutig werden hier Schwule direkt mit Sexualstraftätern in Verbindung gebracht.
Naidoo selbst findet das freilich nicht. Es gehe um Ritualmorde an Kindern, sagt er, Schwule habe er nicht beleidigen wollen. "Ich stehe, seit ich denken kann, mit der katholischen Kirche auf Kriegsfuß, weil sie Schwule, Lesben und Transsexuelle nicht respektiert und akzeptiert. Diese Haltung ist völlig inakzeptabel, und wer gegen diese Menschen Verachtung und Hass aufbringt, der hat Jesus nicht verstanden", sagte Xavier Naidoo in einer Stellungnahme auf seiner Website. Warum Sexualstraftäter und Satanisten aber nun ausschließlich die sein sollen, die "keine Möse" lieben, also homosexuelle Männer sind, bleibt sein Geheimnis.
Hinzu kommt, dass es doch ganz egal ist, wem Naidoo aus welchem Grund Arme und Beine abschneiden möchte. Seine Verse setzen das Recht auf Selbstjustiz voraus, aber die ist in Deutschland zu Recht verboten. Ob sein Song nun volksverhetzend ist oder Kunst, hätte ein Gericht entscheiden sollen. Doch die zuständige Staatsanwaltschaft Mannheim leitete kein Verfahren ein. Dass aber Naidoo nicht einmal mehr merkt, wie problematisch und verletzend sein Text ist, zeigt hingegen, dass er offenbar abgestumpfter ist als die Gesellschaft. Das immerhin ist besser als andersherum.
Sidney Gennies
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