Deutsche Filmförderung: Wünsch dir was!
Die Filmbranche sorgt sich um ihre Fördergelder und trommelt für ihre Belange. Denn sie fürchtet eine Kürzung der Filmförderfonds-Gelder und will die Streamingdienste in die Pflicht nehmen.
Tom Schilling, Tom Tykwer, Tom Hanks: schönes Trio, das die Vertreter der Filmindustrie am Dienstagmittag im Louise-Schroeder-Saal des Roten Rathauses beschwören. Der Indie-Held, der Großproduktionen-Regisseur, der Hollywoodstar, sie alle sollen die Attraktivität Berlins und Deutschlands als Filmstandort mehren. Mit Hilfe der Filmförderung. Damit das so bleibt, sind nach Ansicht der Branche drei Dinge vonnöten. Der Deutsche Filmförderfonds darf nicht von 60 auf 50 Millionen Euro pro Jahr gekürzt werden – eben dies droht im Haushaltsausschuss des Bundestags am Donnerstag zu geschehen. Zweitens muss die für Anfang 2017 anstehende Novelle des Filmfördergesetzes die neuen Player – Streaming-Plattformen und Provider – zu Abgaben verpflichten. Drittens plädieren die Filmschaffenden für eine Reform des Rundfunkstaatsvertrags. Denn die durch die Haushaltspflichtabgabe bestens versorgten Sender sichern sich mit nur geringer Koproduktionsbeteiligung massiv die digitale Rechteverwertung – die den Produzenten dann fehlt.
Trommeln, nicht träumen, lautet die Devise, bis hin zur launigen Überlegung von Alfred Holighaus, Geschäftsführer der Deutschen Filmakademie, am Donnerstag vor dem Reichstag zu demonstrieren. Man betreibt jetzt allemal Lobby-Arbeit. Erstaunlich an der von Senatskanzlei Chef Björn Böhning und Kirsten Niehuus – als Medienboard-Chefin die oberste Länderförderin von Berlin-Brandenburg – moderierten Runde ist dann aber doch die Anspruchshaltung gegenüber dem Bund, die an die gute alte Subventionsmentalität erinnert. Ja, die Streaming-Dienste sollten in die Pflicht genommen werden, aber warum überlassen die Deutschen die Verteilungskämpfe bei der digitalen Verwertung den internationalen Konzernen? Warum beeilt die Branche sich nicht, selber mitzumischen, bevor der Zug abgefahren ist – wie in der Musikindustrie?
Netflix hätte sich gerne die VOD-Rechte am neuen Tarantino gesichert
Constantin-Chef Martin Moszkowicz war gerade auf dem American Film Market in L.A. und erzählt, wie der Streaming-Dienst Netflix sich mit hohen Beteiligungssummen in die Deals um Tarantinos nächsten Western „The Hateful Eight“ einzumischen versuchte, bei dem die Dreharbeiten im Dezember endlich beginnen sollen. Noch konnten die Verleiher dies abwehren. Aber Streaming-Dienste als Koproduzenten und Rechte-Inhaber, es ist nur noch eine Frage der Zeit. Derweil berichtet Florian Koerner von Gustorf, Produzent der Filme von Christian Petzold, Video on Demand sei für den Arthousebereich nicht interessant. Die Zukunft, nicht interessant?
Die Buhfrau der Branche heißt Monika Grütters. Alle schimpfen, die Kulturstaatsministerin könne sich bei Finanzminister Schäuble nicht durchsetzen, anders als ihr Vorgänger Bernd Neumann. Kein Wort darüber, dass ausgerechnet der Filmlobbyist Neumann bei der mittelfristigen Finanzplanung der letzten Regierung sogar einer Absenkung der DFFF-Gelder auf 30 Millionen Euro zugestimmt hatte. Nach mir die Sintflut, und Grütters kann es ausbaden. Immerhin hat sie wohl erreicht, dass die Halbierung vom Tisch ist.
Christoph Fisser vom Studio Babelsberg warnt vor der Abwanderung von Großprojekten; das Studio habe bereits zwei lukrative Aufträge verloren. Gewiss ist es für Grütters nicht leicht, dem Finanzminister zu erklären, warum Großprojekte wie „The Monuments Men“ (DFFF-spitzengefördert mit 8,5 Millionen Euro) verstärkt mit Steuermitteln angelockt werden sollen. Clooneys Weltkriegsdrama ist an der Kasse gefloppt; ältere Babelsberg-Erfolge wie Tarantinos „Inglorious Basterds“ vergessen die Haushälter da schnell. Die von Produzenten und Interessenverbänden in Auftrag gegebene Effektivitätsstudie von Roland Berger beziffert die jährliche Gesamtförderung aus Steuergeldern auf rund 100 Millionen Euro. Aber es sind deutlich mehr, rechnet man etwa Verleih-, Kino- und Festivalförderung hinzu. Ausgerechnet ein Finanzminister wird sich mit Zahlenspielen kaum beeindrucken lassen.
Und noch eine Frage: Wieso findet ein "Hintergrundgespräch" über die Zukunft der Filmförderung in den ehrwürdigen Hallen des Roten Rathauses statt? Zwar ist Björn Böhning nicht nur Senatskanzleichef, sondern qua Amt auch Vorstandsvorsitzender des Medienboards und Mitglied im Verwaltungsrat der Filmförderanstalt. Aber bedeutet die Ortswahl und sein kurzes Eingangsreferat über die Nöte der Branche zugleich, dass die Berliner Landespolitik sich die Anliegen der Filmwirtschaft Eins zu Eins zu eigen macht?
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