"Therapie für einen Vampir" mit Tobias Moretti: Wiener Blut
Klassischer Vampirfilm im nostalgischen Wiener Setting: Tobias Moretti spielt den Vampir Graf von Közsnöm. Der legt auf Stil und Etikette viel Wert und hofft auf Erlösung durch die Liebe.
Bloß gut, dass der elegante Vampir Graf von Közsnöm in den dreißiger Jahren die Kollegen nicht sehen kann, die heutzutage das Fernsehen bevölkern! Milchbubis in Jeans, die Collegemädchen auflauern, oder - igitt - schlecht riechende Ekelzombies, wie sie Regisseur und Autor Guillermo del Toro in „The Strain“ gerade bei Pro Sieben über den Bildschirm jagt. Da würde ihm das vor zwei Jahren von Tilda Swinton und Tom Hiddleston verkörperte stylishe Vampirpaar in Jim Jarmuschs „Only Lovers Left Alive“ besser gefallen. Auf Stil und Etikette legt er Wert, dieser von Tobias Moretti als gemütlicher älterer Herr verkörperte Fürst der Dunkelheit. Alter ungarischer Adel halt, wenn jetzt auch auf einem Schloss in der Nähe von Wien ansässig.
Dort ereilt den seiner Unsterblichkeit überdrüssige Graf die seiner Spezies anhaftende Schwermut. Denn nichts, was ewig währt, wird endlich gut, schon gar nicht in der Ehe. Seine von Jeanette Hain kongenial als neurotischer Dominavamp verkörperte Gräfin nervt aber auch gewaltig. Nur, weil sie sich nicht im Spiegel sehen kann, muss ihr der Graf ständig sagen, wie toll sie aussieht. Eine Pein, die ihm die Lust auf menschlichen Lebenssaft verhagelt und ihn gar zur „Therapie für einen Vampir“ treibt.
„Mir ist der Biss abhandengekommen“, erklärt er treuherzig Sigmund Freud. Der Psychiater (knuffig: Karl Fischer) kritzelt eifrig Notizen in seinen Block und merkt gar nicht, dass der Patient über der Couch schwebt, statt auf ihr zu liegen. Ein Dialog und ein Effekt, die jeweils einen Lacher kriegen.
Erinnerungen an klassische Vampirfilme
Nette Idee des österreichischen Regisseurs David Rühm, dem vampirischen Seelensezierer Freud einen Vampir in Therapie zu geben. Zumal der sich in seiner Praxis ins Porträt einer Unbekannten verliebt und bald darauf mit allen genretypischen Tricks (Fliegen, Charmieren) sowohl dem Maler wie dem Modell nachstellt. Klingt wie ein Stoff für eine Klamotte à la Roman Polanskis „Tanz der Vampire“. Das ist die nicht übermäßig flotte, aber elegante Komödie trotz der einen oder anderen Splattersequenz und der zum Finale hin häufiger prasselnden witzig-grotesken Szenen aber nicht.
Das nostalgische Wiener Setting - Gassen, Praxis, Maleratelier, Wirtshaus - ist betont kulissenhaft und menschenleer gehalten. Das gibt dem Film noble Künstlichkeit. Was die Ösis mit kleinem Geld an Schlossgruselpomp, Kostümen (besonders die von Jeanette Hain) und Spezialeffekten hinbekommen haben, sieht richtig nach was aus. Und bei Nebendarstellern wie Lars Rudolph und David Bennent und einem Vampir-Rosenkrieg, der mit Dialogperlen wie „Sei doch still, du wolltest doch nie, dass ich bin, wie ich war!“ geführt wird, ist es eh wurscht, dass man Wendungen, Motive und Figuren aus sämtlichen klassischen Vampirfilmen kennt. Den nach Erlösung durch die Liebe gierenden Grafen genauso wie sein verrücktes Faktotum. Wobei: Etwas mehr Biss hätte es schon noch vertragen, das Wiener Blut.
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