Experimenteller Comic: Wie Moleküle im Raum
Der Schweizer Martin Panchaud erzählt in „Die Farbe der Dinge“ eine Mischung aus Krimi, Familiendrama und Entwicklungsroman - mit den Mitteln der Infografik.
D er 14 Jahre alte Simon Hope, ein dicklicher Außenseiter, wird von Jungs aus der Nachbarschaft bei jeder Gelegenheit drangsaliert. Simons Mutter Daisy verhätschelt den Jungen, während Vater Dan sich im Pub betrinkt und das Geld bei Pferderennen verspielt.
Doch dann erhält Simon von einer Wahrsagerin einen Wett-Tipp, klaut seinem Vater tausend Pfund und setzt alles auf das richtige Pferd. Dumm nur: Er ist nicht volljährig und bekommt seinen Millionengewinn nicht ausgezahlt. Zu Hause aber wird die ins Koma geprügelte Mutter gerade vom Krankenwagen abgeholt und der Vater ist verschwunden. So weit, so dramatisch.
Alle Figuren sind zu farbigen Kreisen abstrahiert
Der Schweizer Martin Panchaud erzählt in „Die Farbe der Dinge“ (aus dem Französischen von Christoph Schuler, Edition Moderne, 224 S., 35 €) eine Mischung aus Krimi, Familiendrama und Entwicklungsroman. Wirklich Aufsehen erregend an dem Comic ist aber weniger, was erzählt wird, sondern wie.
Panchaud benutzt die Bildsprache der Infografik, das wirkt auf den ersten Blick kühl und distanziert. Sämtliche Personen und andere Lebewesen – bis auf einen im Bildlexikon-Stil gezeichneten Blauwal, der eine entscheidende Rolle spielen wird – sind zu farbigen Kreisen abstrahiert, die sich wie Moleküle im Raum bewegen.
[Vor 20 Jahren erzählte der Künstler Shane Simmons in „Das lange ungelernte Leben des Roland Gethers“ eine Geschichte ausschließlich mit Punkten und Strichen - mehr dazu hier.]
Das Geschehen wird konsequent aus der Vogelperspektive geschildert, was den Eindruck von Planzeichnungen erweckt. Sehr detaillierten allerdings, von Magazinen auf dem Couchtisch der Hopes über Simons mit Raketen bedruckte Bettdecke bis zu Quittungsschnipseln auf dem Boden des Wettbüros sind jede Menge Kleinigkeiten akkurat wiedergegeben.
Das ist schon grafisch sehr ansprechend. Dabei belässt es Panchaud aber nicht, sondern stellt die Optik in den Dienst der Erzählung. Vorangetrieben wird die durch cleveren Bild- und Seitenaufbau und Dialoge, die der sprechenden Person mit Linien zugeordnet sind und deren Ausdruck mit Schriftgröße und -satz variiert.
Erstaunlich, wie spannend und emotional sich mit Mitteln der Infografik erzählen lässt.
Barbara Buchholz
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