Oscars 2014: Wie die Academy den "Besten Film" wählt
Die Oscars gelten als die wichtigsten Preise der Filmbranche - die knapp 6000 Mitglieder starke "Academy" versammelt die besten Kreativen des amerikanischen Kinos. Der Weg zu den begehrten Trophäen führt über eine verschachtelte Krönungsprozedur.
Der Oscar ist nicht genug. Es sollten seiner schon mindestens fünf sein! Denn als würde der Ritterschlag der Academy, den schon ein Oscar bedeutet, allein nicht reichen, buhlt Hollywood immer auch darum, wie viele Oscars ein Film abräumt. Zu den echten Leinwand-Meisterwerken zählt daher, wer die "Big Five" schafft: die Oscars in den Top-Kategorien Bester Film, Regie, Drehbuch und die beiden Hauptdarsteller-Preise. Bisher klappte das nur drei Mal in der Academy-Geschichte (1935 für "Es geschah in einer Nacht", 1976 für "Einer flog übers Kuckucksnest" und 1992 für "Das Schweigen der Lämmer"). Wenn in der Nacht zum Montag die Filmpreise vergeben werden, hat auch "American Hustle" die Chance auf die "Big Five" - als einziger Film ist das Gaunerstück in allen fünf Kategorien nominiert. Ob es gelingt, ist keine einfache Frage des Gefallens, denn das Nominierungs- und Krönungsverfahren der Academy ist ein gleichermaßen umfassender wie komplizierter Prozess.
Wie darf ein Film für den Oscar nominiert werden?
Als Film anerkennt die Academy jeden Beitrag, der mindestens 40 Minuten lang ist und in einem bestimmten Kinoformat (35 oder 70mm, beziehungsweise 720-Pixel-Digitalformat mit 24 oder 48 Frames) produziert wird. Der Film muss dabei - im Vorjahr der Verleihung - an mindestens sieben Tagen zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember in einem Kino im Gebiet von Los Angeles County gelaufen sein. Dann kann er im folgenden Januar für den Oscar nominiert werden. Für jede der derzeit 24 Kategorien dürfen jeweils bis zu fünf Filme nominiert werden, nur in der Kategorie "Bester Film" sind seit 2009 bis zu zehn Nominierungsplätze erlaubt. Zunächst ist dabei wichtig - und das entscheidende Zeichen für die Substanz des Nominierungsverfahrens -, dass jeweils die Academy-Fachmitglieder der sogenannten Gewerke für ihre eigene Kategorie nominieren. Also: Die Kostümbildner wählen die Filme für "Bestes Kostüm", die Regisseure entscheiden über die Nominierten für "Beste Regie". Ausnahme: Nur die bis zu zehn Oscar-Kandidaten in der Kategorie "Bester Film" werden gewerk-übergreifend von allen Academy-Mitgliedern nominiert.
Welche Extra-Regeln gelten für den besten Auslandsfilm?
Das Verfahren zur Nominierung des "besten fremdsprachigen Films" ist ein bisschen komplizierter. Hier benennen zunächst meist Fachjurys der einzelnen Länder ihren Oscar-Kandidaten. Die Auswahl der fünf Nominierten übernahm bis 2006 ein selten deutlich mehr als 100 Academy-Mitglieder zählendes Freiwilligen-Komitee. Inzwischen gibt es ein zweistufiges Verfahren: Aus einer neun Film umfassenden Shortlist wählt ein 30-köpfiges Spezial-Komitee nach Sichtung aller Filme auf Leinwand die fünf Nominierten aus.
Wer ist die Academy?
Die "Academy of Motion Picture Arts and Sciences" (AMPAS) versammelt knapp 6000 Mitglieder der Filmbranche, den Großteil stellen die Schauspieler. Die Aufnahme in die Academy erfolgt ein wenig geheimbündisch: Wer Mitglied werden will, muss selbst in der Filmbranche tätig sein. Mehr noch braucht er jedoch die Bürgschaft mindestens zweier anderer Kollegen seines Fachbereichs, um als Mitglied in Frage zu kommen. Außerdem gibt es einen glamouröseren Zweitweg: über die Oscar-Nominierung. So sind die Oscar-Gewinner Jennifer Hudson, Christoph Waltz und Colin Firth ebenso Mitglied wie die Nominierten Bryan Adams (u.a. für seinen Filmsong zu "Robin Hood") oder Wes Anderson (nominiert für "The Royal Tenenbaums" und "Der fantastische Mr. Fox"). Gerade weil die Academy aus Experten und einer Vielzahl ehemaliger Oscar-Gewinner besteht, gilt ihr Filmpreis als wichtigster Preis der Branche.
Was geschieht nach der Nominierung?
In der dritten Januarwoche werden die Nominierungen veröffentlicht. Von nun an hat jedes Academy-Mitglied unabhängig von seinem eigenen Schaffensbereich die Chance, für jede Kategorie abzustimmen. Eine Besonderheit gilt dabei für die Kurzfilme, die fremdsprachigen Filme und die Dokumentationen - wer über sie abstimmen will, muss alle Beiträge gesehen haben. Bei allen anderen Abstimmungen, auch für den besten Film, genügt es theoretisch, sich auf die Mundpropaganda zu verlassen. Nicht wenige Hollywood-Produzenten und Stars buhlen daher massiv in den Februarwochen um die Gunst der Academy-Mitglieder.
Einsendeschluss für die Abstimmung ist der Dienstag vor der Verleihung. Die Auswertung der Stimmen übernimmt das Management-Unternehmen PricewaterhouseCoopers. Laut Academy wissen nur zwei Mitarbeiter von den Ergebnissen, bis es zur Vergabe kommt. Für die meisten Kategorien genügt ein einfaches Mehrheits-Voting, für den besten Film dagegen ein verschachteltes Krönungszeremoniell.
Welches Verfahren gilt für den "Besten Film"?
Der "Beste Film" wäre nicht der beste, wenn ihn 89 Prozent der Academy-Mitglieder für totalen Schrott halten würden. Genau das könnte jedoch passieren, wenn zehn Beiträge nominiert sind und die einfache Mehrheit von elf Prozent zum Sieg genügen würde. Damit derlei Minderheitsvoten nicht passieren, hat die Academy vor vier Jahren ein Rauswurf-Verfahren nach Präferenzwahl eingeführt: Jedes Mitglied bewertet alle nominierten Filme in einem Ranking, also diesmal zum Beispiel "American Hustle" auf Platz eins, "12 Years a Slave" auf zwei, den dritten Platz für "Gravity" und so weiter. Wichtig ist hier der aus allen Detail-Voten ermittelte erste Platz. Schafft der mehr als 50 Prozent aller Stimmen, hat er gewonnen.
Da das selten der Fall sein wird, wird in einem ersten Schritt der Film gestrichen, der die wenigsten Stimmen auf eine Erstplatzierung hatte. Nun werden alle Listen erneut angesehen, und die bisherigen zweiten Plätze werden wie Erstplatzierungen überprüft - erneut fliegt dann der Film mit den wenigsten Stimmen raus. Am Ende bleibt so nur ein Film übrig, der die höchsten Sympathieränge aller Mitglieder vereint.