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Akram Khan hat schon mit sieben Jahren mit dem Tanzen angefangen.
© Laurent Ziegler

Tanzfestival: Wie das Wasser

Tanz im August: Der Brite Akram Khan gilt als einer der innovativsten Choreografen. Er verbindet traditionelle indische Elemente mit zeitgenössischem Tanz. Beim Festival steht er in dem Stück "Gnosis" auf der Bühne.

Mister Khan, bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele haben Sie mit einer Choreografie an die Opfer der terroristischen Anschläge in London 2005 erinnert. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Regisseur Danny Boyle?

Danny Boyle hatte mein Stück „Vertical Road“ gesehen und mir dann vorgeschlagen, über das Thema Sterblichkeit zu arbeiten. Ich war begeistert von der Idee, die Fragen von Leben und Tod haben mich schon immer beschäftigt. Und ich fand es natürlich aufregend, vor einer Milliarde von TV-Zuschauern aufzutreten.

Sie sollen sehr enttäuscht darüber gewesen sein, dass der amerikanische TV-Sender NBC die Szene nicht gesendet hat.
Wer wäre das nicht? Wahrscheinlich hatte es kommerzielle Gründe, dass Sie meinen Beitrag nicht ausgestrahlt haben. Es war zu wenig Entertainment.

Sie werden als einer der innovativsten Choreografen in Großbritannien gefeiert. War es von Anfang an ihr Ziel, die verschiedenen Kulturen zu verschmelzen?

Mich beschäftigen vor allem Fragen von Identität. Und ich bin fasziniert von den unterschiedlichen Kulturen. Ich bin in London aufgewachsen, meine Eltern stammen aus Bangladesh. Bei mir haben sich zwei Kulturen auf eine sehr organische Weise gekreuzt. Ich musste mir das nicht extra vornehmen.

Ihre Mutter hat Sie mit sieben Jahren zum Kathak-Untericht geschickt. War das ein guter Start?

Es erfordert sehr viel Disziplin, diesen Stil zu erlernen. Und Hingabe. Hingabe ist überhaupt sehr wichtig im klassischen indischen Tanz, denn er hat eine spirituelle Dimension. Ich bin sehr froh, dass meine Mutter mich gedrängt hat, so früh anzufangen. Und ich studiere den Kathak auch heute noch.

Sie sind ein Choreograf, der etwas erzählen möchte. Kommt das vom Kathak?

Das Wort Katha bedeutet erzählen. Und der Kathak ist unter den indischen Tänzen derjenige, der am menschlichsten ist. Für mich war der erste Künstler, der durch den Tanz etwas erzählt, Michael Jackson, mit seinem Video „Thriller“. Später habe ich Pina Bausch entdeckt.

Beim Tanz im August sind Sie mit dem zweiteiligen Abend „Gnosis“ zu sehen. Im ersten Teil greifen Sie zwei frühe Kathak-Solos auf. Was hat sich verändert?

Alles. Ich habe die Stücke fortwährend überarbeitet, sie sind dadurch besser geworden. Und auch viel komplexer.

Wollen Sie die Tradition neu erfinden?

Nein. Ich trage Elemente des Kathak in meinem Körper und integriere sie in den zeitgenössischen Tanz. Aber generell gilt: Um Freiheit innerhalb einer Form zu finden, muss man sie beherrschen.

Sie werden angefeuert von Livemusikern. Tanzen Sie sich in Ekstase?

Zuerst braucht es Kontrolle, und dann lässt man los und wird fortgerissen von dem Flow.

Das Duo ist von dem indischen Epos Mahabharata inspiriert. Wovon handelt es?

Es geht um die Königin Ghandari. Sie ist eine Anhängerin des Gottes Shiva und eine sehr gebildete Frau. Sie wird gezwungen, einen blinden König zu heiraten. Und sie weiß, dass ihr erstgeborener Sohn ihren Clan vernichten wird. Dieses klassische Thema habe ich in eine moderne Bühnensprache übersetzt.

Sie tanzen den Gott Shiva und den Sohn. Freuen Sie sich, wieder auf der Bühne zu stehen?

Ich bin etwas nervös, denn es ist mein erster Auftritt, seit ich mir vor sieben Monaten die Achillessehen gerissen habe. Es passierte, als ich mit Sylvie Guillem tanzte. Mein Solo bei der Eröffnungsfeier dauerte nur 30 Sekunden. Die Soli in „Gnosis“ beanspruchen die Beine sehr stark. Ich muss schauen, ob der Fuß das aushält.

Sie erforschen in „Gnosis“ auch die Idee eines intuitiven Körperwissens. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Unser Körper hat seine eigene Intelligenz, was wir oft nicht erkennen. Die westliche Tanztechnik ist sehr wissenschaftlich, die asiatische dagegen ist sehr spirituell. Es geht um Energien und nicht so sehr um die Form. Deswegen bin ich ein Fan von Bruce Lee. Er hat mal gesagt: „Werde formlos, wie Wasser.“

Das Gespräch führte Sandra Luzina.

Akram Khan wurde 1974 in London

geboren. Er gilt als charismatischer

Erneuerer. Beim Berliner Festival Tanz im August zeigt er das Stück „Gnosis“ (22.

und 23. 8., Hau 1).

Über das Tanzfestival bloggen junge Autoren auf tanzimaugust-blog.de.

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