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Dschungelkönigin trifft Nackte aus dem All: Eine Seite aus dem besprochenen Buch.
© Weissblech

„Bella Star trifft Kala“: Weltraumprekariat auf Dschungelmission

Ein Comic wie ein Tarantino-Film: Die ehrwürdige Heftchenschmiede Weissblech hat mit „Bella Star trifft Kala“ erstmals einen Hardcover-Band veröffentlicht.

Ein Gipfeltreffen in Doppel D: Der Weissblech Verlag lässt in „Bella Star trifft Kala“ seine beiden Comicheft-Heldinnen kollidieren – die Königin des Dschungels und die Nackte aus dem All. Dabei fängt alles ganz harmlos an. Mit einem interstellaren Raumflug, einem schwarzen Loch, dem Eintritt in ein Paralleluniversum und einer Bruchlandung auf einem fremden Planeten. Mit diesen Zutaten ist nach wenigen Seiten der Grundstein für ein episches Abenteuer gelegt. Ein Abenteuer, das in knalliger Optik Sauropoden mit Lasertechnologie kreuzt, Oben-Ohne-Auftritte mühelos obligatorisch macht und von belesenem Wortwitz zusammengehalten wird.

„Bella Star trifft Kala“ ist eine Comic gewordene Space Opera zwischen Kirby und Corben, Serpieri und Kurtzman, „Star Trek“ und „Stargate“. Kubriks „Space Odyssey“ steht als Bezugsgröße Carpenters „Dark Star“ nicht nach, und auch „Red Sonja“ darf man in dieser Reihe nicht vergessen – und das war längst nicht alles. „Bella Star trifft Kala“ ist eine postmoderne Popcorntüte mit Spaß an der Freude, ein Comic wie ein Tarantino-Film: Er beschwört den Geist vergangener Tage, treibt ihn aber nicht aus, indem er sich allzu fest an ihn klammert. Das Spiel mit Reminiszenzen und Referenzen bleibt ein Spiel – und steht dem Storytelling der Science Fiction-Action-Klamotte nicht im Weg.

Zwischendurch mal deppert – aber nie dumm oder dummdreist

Levin Kurio und Konsorten, die regelmäßig kurze Comic-Erzählungen raushauen, unter denen es immer wieder wahre Genreperlen zu entdecken gibt, haben die Feuertaufe ihrer ersten langen Erzählung im Verlagsprogramm bestanden: „Bella Star trifft Kala“ ragt mit seinen 112 Seiten als bunter Monolith aus den zahllosen Heftveröffentlichungen heraus, lässt Liebe zum Detail hinter groben Strichen erkennen und inszeniert das Weltall als Dorf, in dem aufgemotzte Raketenroller über Gedeih und Verderb entscheiden und große Unternehmungen an noch größeren Zufällen scheitern. Der Comic holt das All zwar weniger gewaltvoll, aber mit der gleichen Selbstverständlichkeit in den Dschungel wie seinerzeit „Predator“. So etwas darf, ja muss vielleicht zwischendurch mal deppert sein – dumm oder gar dummdreist ist es nie.

„Bella Star, das ist Weltraumprekariat“, beschreibt Levin Kurio, der Mann hinter Weissblech, seine Hauptfigur. „Sie und ihre Crew sind Planlose im All in Zeiten des interstellaren Individualverkehrs.“ Klar lässt sich darauf gutgelaunte, sorgenfreie Unterhaltung aufbauen. Kurios Produkte stehen in der Tradition von Verlagshäusern wie EC. Dort war der Name Programm, das EC stand für Entertaining Comics. Genau das möchte Kurio auch: „Meine Comics sollen unterhalten und nicht etwa belasten – was aber nicht heißt, dass sie doof sind.“ Er stößt sich zurecht daran, dass im Zuge der Graphic Novel-Marketingkampagne eine Heftkultur im Comicbereich als minderwertig abgetan wird.

Graphic Novel und Anti-Graphic Novel in einem

Er ist aber immer noch in genügendem Maße der Verleger, als der er sich humorvoll in seinen Werken inszeniert, als dass er sich vor Dritten darüber groß aufregen würde. Stattdessen verweist er bei der Graphic Novel-Frage gleich auf sein gezeichnetes Alter Ego: „Eine tolle Sache, diese Graphic Novels / Selbst wenn sie nur schwarzweiß sind kann man sie trotzdem glatt zum doppelten Preis verkaufen / … / Aber woher nehmen? Autobiographisches von 23-jährigen Kunststudentinnen wächst nicht auf Bäumen.“ (Schauriger Schund #20)

Trash as Trash can: Das Buchcover.
Trash as Trash can: Das Buchcover.
© Weissblech

Tatsächlich ist „Bella Star trifft Kala“ als abgeschlossenes Genre-Werk nichts anderes als eine Graphic Novel. Gleichzeitig ist der Band aber „eine Anti-Graphic Novel“, wie Kurio betont. „Etwas, das sich mit jeder Faser seines Seins gegen dieses Etikett wehrt.“ Das sagt er, nachdem er berichtete, wie er für einen authentischen 1950er Look, in dem das Werk strahlen sollte, sich selbst an die Entwicklung der Farben gemacht hat. Ihm geht es um eine Haltung. Eine Haltung, die sich durch das gesamte Weissblech-Programm zieht. Ein klares Verlagsprofil zu haben ist ihm wichtig. Darin, dass „Bella Star trifft Kala“ innerhalb des Heftsortiments als Hardcover erschienen ist, sieht er dabei keinen Widerspruch. Wieso auch? Immerhin, so Kurio, diene gute Haptik auch der Lesbarkeit. So pragmatisch sieht das allerdings nicht jeder: „Zur Entscheidung zum Hardcover gab es auch negative Stimmen.“

Dass er Bella Star überhaupt mit Urweltamazone Kala zusammengebracht hat geht auf den Wunsch eines Fans zurück: Im Zuge einer Auftragsarbeit sahen sich Bella Star und Kala auf einer gezeichneten Seite vereint – zu schön, um es dabei zu belassen. Zum Glück waren sich Levin Kurio und Weissblech-Kollege Roman Turowski diesbezüglich einig. Warum? „Siehe Bella Star trifft Kala“.

Levin Kurio und Roman Turowski: Bella Star trifft Kala, Weissblech, 112 Seiten, 20 Euro

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