Deutscher Buchpreis 2018: Warum sich die Jury für Inger-Maria Mahlke entschieden hat
Die Berliner Schriftstellerin Inger-Maria Mahlke bekommt den Deutschen Buchpreis 2018. Diese Auszeichnung ist ein kleines Literaturbetriebspolitikum.
Wer hätte das gedacht: Bücher sind etwas anderes als Joghurt! Über diese profane Feststellung kann man sich natürlich schön lustig machen, und doch hat sie ihre tiefere Bedeutung, als Inger-Maria Mahlke an diesem Abend im Frankfurter Römer meint, auf diesen Unterschied hinweisen zu müssen. Nachdem sie erfahren hat, dass sie für ihren Teneriffa-Roman „Archipel“ den Deutschen Buchpreis 2018 zugesprochen bekommt, will die 1977 in Hamburg geborene und in Berlin lebende Schriftstellerin keine großen Worte machen, „überfordert, aber glücklich“, wie sie ist.
Aber ein „großer“ Dank muss dann doch ausdrücklich sein. Der geht an ihre Verlegerin Barbara Laugwitz, die Ende August ihres Postens bei Rowohlt quasi über Nacht enthoben wurde. Vom großen Einsatz ihrer Verlegerin spricht Mahlke, deren Engagement, deren harter Arbeit. Ja, und dann, in Richtung der Verantwortlichen der Holtzbrinck Verlage, dass es da eben diesen Unterschied zwischen Büchern und Joghurts gebe, man diese Ware nicht vergleichen könne. Ob man das bei Holtzbrinck, bei Rowohlt nicht auch weiß, dass Leidenschaft und knallhartes Profitdenken sich manchmal ausschließen?
Warum eigentlich nicht Maxim Biller?
Wie auch immer: ein kleines Literaturbetriebspolitikum ist diese Auszeichnung für Mahlke. Sie demonstriert letztendlich noch einmal ganz offensichtlich, wie gut die Arbeit von Laugwitz bei Rowohlt gewesen ist. Zumal der Deutsche Buchpreis für diesen rückwärts erzählten, ein ganzes Jahrhundert spanische Geschichte in den Blick nehmenden, sehr ins Detail gehenden, aber ohne tief schürfende, gar psychologisch motivierte Familienerzählung auskommenden Roman so überraschend nicht ist. Wie María Cecilia Barbettas Roman „Nachtleuchten“, dem anderen Favoriten auf der Shortlist 2018, ist Mahlkes „Archipel“ ein literarisches Wagnis.
Während Barbetta vom Argentinien der siebziger Jahre erzählt und dabei mit der Sprache und den Formen spielt, versucht Mahlke, die Zeit zu überlisten, sie zurückzudrehen, um zu zeigen, dass sich in einem Jahrhundert die Geschehnisse durchaus wiederholen können und sich nicht so viel ändert. Den Ausschlag gab am Ende wohl, dass „Archipel“ eine Spur konventioneller ist als „Nachtleuchten“, der Roman sich leichter lesen und verkaufen lässt als der um einiges Verspieltere von Barbetta.
Und gegen Maxim Biller und seinen besten Roman, den er bislang geschrieben hat, „Sechs Koffer“, sprach womöglich das Geschlechterverhältnis dieser Shortlist (bei vier Frauen und zwei Männern den Roman eines Mannes wählen?); vielleicht auch die Angst, Biller würde in seiner Dankesrede (die er bestimmt vorbereitet hatte) auf die deutschsprachige Gegenwartsliteratur und den Literaturbetrieb schimpfen. Aber das ist Spekulation – und wer will schließlich die kanarische Ferieninsel nicht auch einmal mit anderen Augen betrachten als den ewig touristischen?
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